Was sind Kammerberufe?
Mit dem Begriff der Kammerberufe bezeichnet man freie Berufe, die besonderen standesrechtlichen- und berufsrechtlichen zusätzlichen Regelungen unterliegen. Freie Berufe definieren sich durch selbst ausgeübte Tätigkeiten in künstlerischen, unterrichtenden, wissenschaftlichen, schriftstellerischen und erzieherischen Bereichen. Dabei unterliegt die freiberufliche Tätigkeit nicht dem deutschen Recht für ein Gewerbe. Kammerberufe sind beispielsweise:
- Ärzte
- Apotheker
- Architekten
- Notare
- Patentanwälte
- Rechtsanwälte
- Steuerberater
- Tierärzte
- Wirtschaftsprüfer
- Zahnärzte
- Ingenieure und zum Teil psychologische Psychotherapeuten.
Mitgliedschaft im Versorgungswerk:
Die „berufsständige Versorgung“ basiert auf einer gesetzlich geregelten Pflichtmitgliedschaft zur Altersversorgung der „kammerfähigen freien Berufe“. Sie zählt zur „ersten Säule“ der sozialen Versorgung Deutschlands. Angestellte der Berufszweige können sich in der Regel von der Mitgliedschaft befreien lassen. Die zu erwartenden Leistungen beziehen sich neben den Altersrenten auch auf die Renten für Berufsunfähigkeit sowie Hinterbliebenenrenten. Worauf aber achten, wenn es um die Berufsunfähigkeitsversicherung aus dem Versorgungswerk geht?
Das Problem:
Die Berufsunfähigkeitsrente wird in der Regel erst ab einer 100-prozentigen Berufsunfähigkeit geleistet. Die Höhe der Renten berechnet sich einerseits auf die persönlichen Beiträge, die gezahlt wurden und aus dem wirtschaftlichen Erfolg (!) Des jeweiligen Versorgungswerkes. Hier ist die Senkung des Rechnungszins in Bezug auf die derzeitigen Kapitalmarktzinsen möglich und in der Vergangenheit bereits vorgekommen.
Betrachtet man die aktuellen Mitgliederzahlen des Kammerberufes der Ärzte die mit rund 360.000 angegeben wird und im Gegensatz der Zahl der bewilligten Leistungsempfänger der Berufsunfähigkeit mit 2400, so wird deutlich, dass die Leistungszusage von nur schwer oder selten zu erfüllenden Voraussetzungen abhängt (Zahlenangaben Quelle „procontra“ Online).
Nicht nur dieser Beruf hat in der Realität noch nie etwas von einer 35 Stundenwoche gehört, arbeitet weit mehr, oftmals das Doppelte und unterliegt daher einer wesentlich stärkeren Belastung, sowohl körperlich als auch psychisch.
Das Risiko, berufsunfähig zu werden, ist erhöht, betrachtet man „freie“ Berufsgruppen. Schon deshalb sollte man sich, gehört man diese Berufsgruppen, über Risiko und Absicherung im Klaren sein.
Das Problem ist schnell definiert liegt es doch in der Hürde, die zu nehmen ist, eine Leistung vom Abend zu erhalten . Um in den Leistungsbezug zu kommen hat, bleiben wir beim Beispiel des Arztes, hat dieser zu belegen, dass er für seine Tätigkeit keinen wirtschaftlich sinnvollen Ersatz findet, der diese weiterführt (Praxisvertretung) und dass er zu 100 % berufsunfähig im Sinne sämtlicher ärztlicher Tätigkeiten ist. Ich habe diesen Vorgang bei einer Augenärztin selbst erlebt. Auch muss die Zulassung abgegeben werden, diese Unfähigkeit der Berufsausübung zu belegen.
Wie bereits einmal schon veröffentlicht, möchte ich auch hier der Vollständigkeit wegen an dem Beispiel des Versorgungswerkes im Land Nordrhein-Westfalen aufzeigen. Die Formulierung, die sich hier auf dem Beruf des Steuerberaters bezieht, ist plakativ:
Land Nordrhein-Westfalen (Auszug aus den Bestimmungen):
- es ist eine Pflichtmitgliedschaft und damit entfällt eine Gesundheitsprüfung.
- Bei bereits bestehender Berufsunfähigkeit gibt es keine Leistungen.
- Das Versorgungswerk gewährt den zahlenden Mitgliedern die Berufsunfähigkeitsrente wenn diese wegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen „auf Dauer oder auf Zeit“ nicht mehr der Lage sind, irgend eine Tätigkeit, die zur Mitgliedschaft der berufsständigen Kammer grundlegend ist, auszuüben. Schon die Ausübung einer noch so bescheidenen Resttätigkeit im Sinne der steuerberatenden Tätigkeit nach §§ 33, 57 III StBerG, lässt den Anspruch erlöschen. Geprüft wird, ob das Mitglied, unter Berücksichtigung von Pausen, nicht noch eine Resttätigkeit im Sinne dieser Bestimmungen erfüllen kann.
- Eine weitere Voraussetzung, Leistung zu halten ist die vollständige Einstellung der beruflichen Tätigkeit und damit auch die Rückgabe der Bestellung als Steuerberater / Zulassung beim Arzt.
Fazit:
- das Pflichtmitglied hat keinen Einfluss auf die Höhe der Zahlung, denn diese hängt unter anderem vom Rechnungszins ab, denn das Versorgungswerk erzielt. In der Vergangenheit hat es bereits Senkungen gegeben, die Auszahlungen minderten
- die Begriffe „auf Dauer oder auf Zeit“ sind nicht wirklich definiert und damit nicht greifbar. Auch ist die Auflage, keinesfalls mehr irgend eine Tätigkeit ausüben zu können, die die Mitgliedschaft begründen würde inakzeptabel. Theoretisch wäre es wenn Allgemeinmediziner damit möglich, wenn auch nur für eine halbe Stunde, impfen tätig zu sein. Ich vermisse hier die Angaben in Zeit und was ist irgend eine Tätigkeit und wie steht sie in Bezug zum alten Einkommen, welches er damit noch lange nicht erzielt werden kann. Es droht der soziale Status.
- Die Abgabe der Zulassung/Bestellung steht im krassen Gegensatz dazu, dass die Erkrankung ausheilen könnte. Was dann?
Bemerkungen zur/aus der Rechtsprechung:
- das OVG Nordrhein-Westfalen entschied 2008, dass die Leistungspflicht des Amtes erst dann eintritt wenn dem Mitglied eine nur noch ein unwesentliches Einkommen (?) zu erzielen möglich ist.
- Das Versorgungswerk in NRW verweigerte einem Anwalt, der bereits über viele Jahre seine Rente bekam, diese „auf Dauer“ zu bescheiden. Damit ging der Mann das Risiko ein, würde er seine Zulassung abgeben, nie wieder diesen Beruf tätig sein zu können. Damit wird die Leistung nach der Satzung infrage gestellt. Eine Art Teufelskreis! Auch belegt das damalige Urteil, das sich hier meine Versicherung handelt, die nur dann wirklich leistet „wenn nichts mehr geht“. Es stellt sich dann die Frage, ob die Rentenhöhe, die nicht wirklich abschätzbar ist, dann auch ausreicht.
- Die aktuelle Rechtsprechung, bezogen auf die Vorgabe der hundertprozentigen Berufsunfähigkeit, relativiert diese, für mein empfinden vollkommen ungreifbar auf den Sachverhalt, dass das Restleistungsvermögen des Mitgliedes nicht mehr ausreichen kann, ein Existenzminimum zu sichern. Kann er demnach ein Existenzminimum sichern, entfällt der Rentenanspruch. In dem damaligen Rechtsstreit wird das Existenzminimum in Bezug auf die Arbeitszeit gesetzt (!). 30 % Restleistungsvermögen stellten hier die Benchmark dar
Dringender Handlungsbedarf:
Es gibt derzeit fast 90, Satzungen, die inhaltlich unterschiedlich ausgerichtet sind, wenn es um Praxisvertretungen geht, also deren Akzeptanz bei Leistungsanerkenntnis und Zahlung. Es ist auch zu prüfen, ob das Anerkenntnis grundsätzlich befristet ist, wer den Gutachter in einem Leistungsfall stellt und ob die Meldung beim Arbeitsamt, wenn auch eine verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, den Leistungsbezug beeinträchtigt.
Empfehlung:
- die sofortige inhaltliche Prüfung des eigenen Versorgungswerkes, sofern man dort Mitglied ist. Wo liegen hier die Hürden?
- Welche Höhe würde im Leistungsfall gezahlt werden?
Sehr gerne übernehmen wir diese inhaltliche Prüfung nach Absprache und zeigen Ihnen die Risiken auf, die bei einer Berufsunfähigkeit zu berücksichtigen sind.
Schlussbetrachtung:
Die Sorglosigkeit, im Glauben wirklich versichert zu sein und zwar entsprechend des Bedarfes und des erreichten Lebensstandards, wenn Berufsunfähigkeit eintritt, hat keine nachvollziehbar Grundlage. Es handelt sich um eine so genannte „Worst-case“ Versicherung, deren Höhe der Rentenzahlung auch vom Erfolg der Versorgungskammer abhängt, den man selbst nicht beeinflussen kann. Die Benchmark wenn es um die Rest Arbeitstätigkeit geht, liegt bei einer Einschränkung von mindestens 70 %. in der privaten Vorsorge haben Sie grundsätzlich andere Möglichkeiten und die Leistungspflicht tritt bereits bei 50 % ein. Sofern Sie einen guten Anbieter gewählt haben, ist es sogar möglich im eigenen Beruf weiter zu arbeiten, wenn man gewisse Parameter berücksichtigt hat. Auch eine andere berufliche Tätigkeit ist möglich, ohne die Rente zu verlieren, wenn sie gezahlt wird. Die Abgabe einer Lizenz oder ähnlichem ist nicht notwendig. Die Rentenhöhe ist festgelegt und nicht spekulativ.
Sogar die Versorgungswerke selbst empfehlen eine private Vorsorge. Worauf also noch warten? Es empfiehlt sich, um auch später einen „Langen Atem“ zu haben, wenn die Dinge vor Gericht gehen, bis zu 100 % der notwendigen Versorgung, sollte man berufsunfähig werden, privat abzusichern. Dabei gilt die Grundregel, je früher desto besser und dann auch günstiger. Achten Sie bitte auch, dass es sich hier meine Risikovorsorge handelt, denn viele Vermittler satten den BU-Schutz auf eine Rentenvorsorge auf und begründen das mit den Vorteil der steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge. Allerdings „vergessen“ diese Herrschaften meisten Hinweis auf die Versteuerung bei Rentenbezug, Unterricht nicht einmal die Möglichkeit der Leistungsdynamik und der eigentliche Grund, die Absicherung eines Risikos, wird damit grundsätzlich infrage gestellt.
Für einige Kammerberufe gibt es derzeit wieder Sonderaktionen, die Zahl der Gesundheitsfragen erheblich einschränken und damit vielen in den freien Berufen tätigen Versicherungsschutz anbietet, der sonst nicht zu haben gewesen wäre. Warten Sie aber nicht erst bis „der Dachstuhl brennt“.
Frank Dietrich Fachmakler
KRITERIEN EINER BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG
BÜROTÄTIGKEITEN UND DESHALB KEINE BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG?
SIND BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG UND TAGEGELD NOCH AKTUELL?