Recht haben und Recht bekommen.

Das hängt nicht nur vom Engagement, sondern auch vom Hintergrundwissen zu den rechtlichen Grundlagen ab. Gemeint damit sind alle Beteiligten, wenn es um eine Anfrge geht.

  • der Versicherte oder sein Vertreter, der betreuende Vermittler
  • der Behandler/Arzt

Aus aktuellem Anlass, leider wieder kopfschüttelnd „ohne Ende“, ist es mir wichtig, nochmals in kurzer Form zu erläutern, worauf zu achten ist, wenn es um die Wahrnehmung der Rechte von Patienten liegt. Ich wähle ein aktuelles Beispiel, die Dinge besser verdeutlichen zu können.

Was war geschehen?

Auf Empfehlung erhielt ich einen Mandanten, der für seine Tochter eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte. Nach der Analyse mit Klärung des Bedarfes, bat ich um Kenntnisnahme des Leitfadens zum Thema, der Bearbeitung einer Tätigkeitsbeschreibung zum aktuellen Berufsbild als auch (in diesem Fall) um die Bearbeitung der Anfrage der gelisteten Behandlungsdaten in der derzeitigen Krankenversicherung, gemäß § 83 SGB X.

die Beantragung dieser Daten ist in meinen Augen zwingend notwendig, um die spätere Rechtssicherheit des dann vereinbarten Versicherungsschutzes  zu gewährleisten. Ein Antragsteller haftet auch für die Dinge, die ihm nicht bekannt sind oder die er vergessen hat. Fragt ein Vermittler lediglich, ob sie gesund sind, sollten Sie das Weite suchen.

Die Dokumente findet man bei mir im Downloadcenter.

Die Antwort der gesetzlichen Krankenversicherung zeigte eine Diagnose, die der Mandantin und ihrem Vater nicht bekannt waren. Auch war diese in sich widersprüchlich. Es wurde eine psychische Erkrankung als Belastungsreaktionen diagnostiziert und lediglich zwei Tage Arbeitsunfähigkeit vermerkt – keine Medikamente, keine Weiterbehandlung – die Diagnose von einem Hausarzt ohne zusätzliche Ausbildung für diesen Bereich. Wurde hier eine subjektive Bewertung zu einer Diagnose, die abgerechnet werden konnte?

Da aus der Erfahrung heraus ein solcher Eintrag auch darauf schließen lässt, dass noch weitere Dinge Zu finden sein werden, die der Patienten nicht bekannt sind, fragte ich im Auftrag des Mandanten beim Behandler an.

Dabei gilt folgende Rechtsgrundlage:

  • BGB § 630g: Einsichtnahme in die Patientenakte

(1) Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat   dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

(3) Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die   nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die   Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.

  • Die gesetzlich konforme Herausgabe der Unterlagen ist nur dann erfüllt (Urteil vom 06.03.2015, Az.: 243 C 18009/14), wenn sämtliche Unterlagen in lesbarer Kopie zur Verfügung gestellt wurden.
  • Die Kosten liegen laut dem Urteil des AG Frankfurt, Urteil vom 16.10.1998, Az. 30 C 1340/98) bei 50 € pro kopierter Seite.
  • Eine Angabe von Gründen, die Dinge zu beantragen, ist nicht notwendig.

Leider ist es Recht auf Einsicht der gelisteten eigenen Daten für viele Behandler/Ärzte ein Fremdwort. Der Arzt war der Meinung, dass er eine Befunderhebung entsprechend einer der Gebührenordnung abrechnen könne. Seine Begründung liegt darin, diese Unterlagen erst einmal von subjektivem Eintragung zu befreien, die er nicht herausgeben wollte. Es ist richtig, dass subjektive Eintragung nichts in einer Patientenakte, wenn ein Auszug übergeben wird, zu suchen haben. Die Zahlung wurde nicht geleistet, weil die Art und Weise, wie er die Akte führte und die daraus folgende Arbeitsleistung, dieses auf entsprechend Stand zu bringen, nicht in Rechnung gestellt werden kann/darf.

Die Dokumentationspflicht Arztes ist mit der Zahlung der Behandlung abgegolten. Sie ist eine Nebenpflicht des Arztes, für die keine neue Rechnung gestellt werden darf. Die Rechtsgrundlage dafür findet sich in der Berufsordnung der Ärzte unter § 10.

Dort steht:

  • Ärztinnen und Ärzte haben über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maß- nahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächtnisstützen für die Ärztin oder den Arzt, sie dienen auch dem Interesse der Patientin oder des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.
  • (2) Ärztinnen und Ärzte haben Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen in die sie betreffende Dokumentation Einsicht zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte der Ärztin, des Arztes oder Dritter entgegenstehen. Auf Verlangen sind der Patientin oder dem Patienten Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.
  • (3) Ärztliche Aufzeichnungen sind für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht.
  • (4) Nach Aufgabe der Praxis haben Ärztinnen und Ärzte ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde gemäß Absatz 3 aufzubewahren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden. Ärztinnen und Ärzte, denen bei einer Praxisaufgabe oder Praxisübergabe ärztliche Aufzeichnungen über Patientinnen und Patienten in Obhut gegeben werden, müssen diese Aufzeichnungen unter Verschluss halten und dürfen sie nur mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten einsehen oder weitergeben.
  • (5) Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderer Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern. Ärztinnen und Ärzte haben hierbei die Empfehlungen der Ärztekammer zu beachten.

Damit gilt dieser Auskunftspflicht auch uneingeschränkt gegenüber Krankenhäusern.

Auch erlebe ich es immer wieder, dass die Ärzte den Versicherten diese Akte nur dann in Aussicht stellen, wenn er zu einer weiteren Untersuchung die Praxis kommt. Auch hier fehlt es an jeder rechtlichen Grundlage.

Sollte sich ein solcher Behandler nicht belehren lassen, so bleibt die Möglichkeit, die Ärztekammer einzuschalten. Besonders „interessant“ wird es dann, wenn es sich bei unterschiedlichen Mandanten immer um denselben Arzt handelt, der Eintragung der Akte hat, die jeglicher Grundlage entbehren. Man spricht dann von der Möglichkeit des gewerbsmäßigen Betrugs. Zielführender als dieser Hinweis ist es, den Mandanten mit ins Boot zu nehmen und ihn darauf hinzuweisen, dass es noch die Möglichkeit einer so genannten Ausschlussdiagnostik gibt. Gerade dieser Schritt ist auch zu empfehlen, weil sehr viele Behandler/Ärzte der Meinung sind, sie müssten eine Diagnose eintragen, um abrechnen zu können. Es ist nicht sträflich für seine Arbeit Geld zu erhalten – hier liegt der Fehler im Gesundheitssystem  und auch könnte ein Arzt die Behandlungen abrechnen  und nicht ein Ergebnis, welches es nicht gab.

Was ist Ausschlussdiagnostik?

Besonders signifikante Krankheitsbilder, die sich wiederholt in Krankenakten befinden und nicht verifiziert wurden  kann man gezielt an anderer Stelle untersuchen lassen. Von einem Krankenversicherer, dem der Versicherte anscheinend zu teuer wurde, den er gerne mit dem Vorwurf einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung loswerden wollte, wurde dem Kunden vorgeworfen, seinerzeit eine schwere Arthritis nicht angegeben zu haben. Die Arthritis ist die Entzündung und damit die Vorform des bleibenden Schadens, der Arthrose. Also wäre es möglich, festzustellen, ob es überhaupt eine solche Arthrose gibt, die auf eine Arthritis schließen lässt. Es ist eine irreversible Veränderung und damit nach Jahren noch nachweisbar. Mir war es möglich, den Kunden zu einer entsprechenden Nachuntersuchung zu bewegen, die eine solche Arthrose  nicht belegen konnte. Der befreundete Anwalt benötigtegerade einmal 20 Minuten, den Versicherer zu einer Zahlung i.H.v. 70.000 € zu verhelfen.

Dieselbe Vorgehensweise hilft insbesondere auch bei der Überprüfung von Risikozuschlägen, insbesondere dann, wenn der damalige Behandler nicht mehr auffindbar ist. Auch ist es fragwürdig, die Angebote einiger Anbieter anzunehmen, den Kunden am Telefon zum Thema Gesundheit zu befragen und daraufhin die Versicherungsfähigkeit  zu bewerten. Erfahrungsgemäß sind die Angaben lückenhaft und spiegeln das wieder, was dem Kunden noch bewusst ist.

Frank Dietrich Fachmakler

Empfohlene Beiträge