Geplant oder pathologisch?
Die Begriffe, zu denen auch der unerfüllte Kinderwunsch gehört, unterscheiden zu können, ist der erste Schritt, die ein Krankenversicherer noch zu lernen hat. Es ist bereits das zweite Mal, dass ich auf dieses Phänomen stoße.
Kinderlos sind meist junge Paare. Die Familienplanung folgt der geplanten Karriere. Kinderlosigkeit ist keine Erkrankung, sondern ein gewollter Zustand. Sind die ersten beruflichen Ziele erreicht, beginnt die Familienplanung. Der Wunsch nach einem Kind gewinnt an Dominanz. Pathologischen Wert erhält der Kinderwunsch erst, wenn er unerfüllt bleibt.
Allgemeine Vertragsbestimmungen (AVB):
In den AVB der Krankenversicherer findet sich Nebenbestimmungen die das Alter und die Partnerschaft der versicherten Person definieren unisono der Hinweis, dass ein Leistungsanspruch nur dann begründet sein kann, wenn eine organisch bedingte Unfruchtbarkeit vorliegt. Eigentlich klar und deutlich, sollte man meinen.
Der Nachweis:
Erbringt ein Versicherter entsprechend der heutigen Möglichkeiten der Medizin den Nachweis, keine organischen Leiden zu haben, gibt es auch keinen Leistungsanspruch. Der Versicherer übernimmt demnach kein Risiko. Ein Leistungsausschluss ist unbegründet.
Der konkrete Fall:
Ein Mandant, der sich im einen Kinderwunschzentrum zum Ausschluss einer organisch begründeten Unfruchtbarkeit untersuchen ließ, erfuhr vom Arzt, dass sowohl er als auch seine Partnerin gesund sind. Die Leistungsgrundlage für eine künstliche Befruchtung läge nachweislich nicht vor. Weshalb zwei auf natürlichem Wege bisher entstandenen Schwangerschaften nicht zur Geburt eines Kindes führten, Hatte keine organischen Begründung. Die Recherchen ergaben, dass eine Vielzahl von Einflüssen während der Schwangerschaft, meist vorübergehender Natur, die Ursache dafür sein könnten. Empirische Erhebungen, dass der Mann Ursache für die nicht erfolgreiche Schwangerschaft sein könnte, gibt es nicht.
Der Versicherer:
Zitat:
(..)Neben der reinen medizinischen Betrachtung müssen auch die Erfahrungen aus der täglichen Praxis in die Risikobewertung einfließen. Selbst wenn die letzten beiden Spermiogramme keine negativen Befund gebracht haben so kann sich dies jederzeit ändern. Die XXXXXXXX muss entscheiden ob sie das Risiko der Sterilitäts- und Kinderwunschbehandlung in das Versichertenkollektiv ohne Einschränkung aufnimmt oder nicht. Dabei erfolgt ist nicht nur eine Betrachtung der aktuell vorliegenden Situation sondern ein Betrachtung des Risikos über die gesamte Versicherungsdauer unter Berücksichtigung möglicher Entwicklungen.(..)
Interpretation und Willkür, denn ich finde keine wirkliche Begründung? In den AVB begründet sich der Leistungsfall ausschließlich auf medizinischer Begründung. jedermann, der bisher kinderlos war (siehe weiter oben), trägt demnach ein erhöhtes Risiko unfruchtbar zu sein. Ich empfinde diese Begründung als ein Schlag ins Gesicht aller Männer, die bisher noch keine Kinder auf die Welt brachten/bringen wollten. Ob es auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist, sollte jeder für sich entscheiden.
Auf der Tonspur folgt die weitere „Begründung“ für den Leistungsausschluss. Man teilte mir mit, dass auch die Probleme in der Schwangerschaft Sache des Versicherers des Mannes sein. Einblick hingegen in die Bestimmungen belegt, dass lediglich die Kosten des Versicherten die Kosten des Versicherers sind. Eine künstliche Befruchtung (ICSI) endet nicht mit der Geburt eines Kindes, sondern mit der erfolgreichen Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter.
Fazit:
Wenn ein Versicherer die eigenen Bestimmungen nicht versteht wohin soll das führen? Wenn er andere Risiken vermutet, so sollten diese in den Bestimmungen erwähnt sein. bis dahin sind sie gegenüber seiner Entscheidung intransparent und unvollständig. Das aber wäre meines Erachtens ein Risiko für die Versichertengemeinschaft, denn es kann nicht kalkuliert werden, was wann gezahlt werden muss oder sollte. Da die Tarife noch nicht besonders alt sind, frage ich mich manchmal, wer so etwas formuliert. Ich empfehle dringend, nachzubessern.
Meine Fachgebiete:
Berufsunfähigkeitsversicherung
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