Worum geht es und worauf möchte ich hinaus? Vor vielen Jahren, als ich in der Branche begann, beriet man über die Qualität, also den Wert eines Produktes. Die Wichtigkeit oder Bedeutsamkeit, denn so definiert man Relevanz, war die qualitativen Eigenschaften. Ist das auch heute noch so?
Was erscheint heute als relevant?
Bleiben wir in der Versicherungswirtschaft. Entsprechend der Aussagen, die große Versicherungshäuser mir gegenüber machten, hat die Qualität an Relevanz verloren. Regulative in den Vertragsbestimmungen, die die Leistungsquote steuern lassen, bedürfen keiner Klarstellung, so die Argumentation. Solange der Umsatz läuft, weil die Produkte dadurch günstig gehalten werden, wird nichts geändert. Verliert sich damit nicht der grundsätzliche Gedanke der Versicherung? Eine Versicherung wird abgeschlossen für die Risiken, die man im Leistungsfall nicht selber finanziell stemmen kann oder möchte. Kaufe ich nun Versicherungsschutz, gehe ich davon aus, dass ich abgesichert bin. Gibt es aber Regulativ / unklare Bestimmungen, so kann ich nur hoffen, abgesichert zu sein. Ich denke nicht, dass die Verbraucher, um ein paar Euro im Preis zu sparen, Solche Unklarheiten eingehen wird. Ich vermute, dass er aber auch die meisten Vermittler sich dessen nicht bewusst sind. Regelmäßig erlebe ich es wieder, dass ein Kunde seine Kaufentscheidung grundsätzlich revidiert, wenn wir eine inhaltliche Beratung hinter uns haben.
Kaum Unterschiede – Relevant?
Relevant sehen viele Anbieter, dass ihre Produkte dem Kunden als attraktiv erscheinen und gekauft werden. Die durch Werbung versprochenen Eigenschaften und die fehlende Darstellung von Unterschieden in den Tarifmerkmalen, von Ratings und Vergleichssoftwaren so dargestellt, ermöglicht die preisorientierte Kaufentscheidung. Ein Vorstand sagte einmal: ja wir wissen, dass unser Produkt sehr viele Regulative und Begrenzungen hat. Es ist billig und verkauft sich sehr gut. Die Haftung für die fehlenden Inhalte trägt doch der Vermittler, der meist nicht spezialisiert ist und diese nicht erkennt. Warum sollen wir etwas ändern“?
Wer zahlt die Zeche?
Der Versicherte erkennt erst im Leistungsfall, ob er die Katze im Sack gekauft hat. Beispielsweise fragt eine Vergleichssoftware für die Private Krankenversicherung nach „Freier Krankenhauswahl“. Der Kunde sieht „erfüllt“ an dieser Eigenschaft und glaubt nun, jedes Krankenhaus für eine Behandlung wählen zu können. Was nirgends erwähnt wird, ist die Kostenübernahme. Immerhin könnte die Wahl der Behandlung auf eine Privatklinik fallen. in gutem Glauben wählt er die Klinik, ahnt aber nicht, dass sehr viele Anbieter hier entweder gar nicht oder nur Teile der Gesamtkosten leisten. Es ist ein Tarifmerkmal, welches den Wert der Absicherung mit begründet. Weder der Vermittler noch der Kunde werden in der Beratung auf diesen Umstand stoßen. „Ein Kunde kann zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nur das beurteilen, was erkennt – der Vermittler nur das beraten, was ihm bekannt ist.“
Trugschluss
Inhaltlich gleich erscheinende Produkte werden in der Beratung zur Auswahl selektiert. Da Anbieter, trotz unterschiedlicher Tarifmerkmale wie gerade erwähnt, gleich bewertet wird, wird wieder der Preis entscheiden. ich erinnere mich hierbei an die Aussage der Beraterin der Verbraucherzentrale gegenüber meinem Kollegen. Fünf Angebote hatte sie eben über eine Vergleichssoftware ausgedruckt. Auf die Frage hin, wo die Unterschiede liegen, erwähnte sie: die sind alle gleich. Der nicht spezialisierte Vermittler, der mit dem Erwerb einer Lizenz solcher Vergleichssoftware glaubt, kompetent beraten zu können, irrt. Die Angaben solcher Tools basieren auf die leichte Verständlichkeit von Nichtfachleuten. Der Hinweis darunter, dass man für die Daten nicht haftet, scheint die Vermittler nicht zu stören. Ratingunternehmen die Stiftung Warentest/Finanztip, als auch die Verbraucherzentralen arbeiten mit solchen Tools, haften aber nicht für ihre Tätigkeit. Sie protokollieren laut fehlender finanzieller Mittel auch nicht die Beratung. So die Aussage der Verbraucherzentrale in Rheine. Hatte man nicht gerade eben 5 Millionen Euro vom Ministerium zugeteilt bekommen? Da entscheidende Tarifmerkmale nicht ausgewiesen werden, kann auch der Vermittler nicht entsprechend protokollieren.
Die logische Folge
Sofern der Vertrieb weiter über den Preis von Waren gesteuert wird, wird das Ansehen von Vermittlern Versicherungen immer schlechter werden. Die Bereitschaft, trotz Notwendigkeit, sich zu versichern wird in der Bevölkerung weiter abnehmen. Fehlende Fachkompetenz ist das Regulativ der Anbieter die mit Vermittlern arbeiten, die in ihren Beratungen auf solche Tools zurückgreifen. Zudem kommt, dass der Verkauf eines Produktes über den Preis in der Regel nicht stornofrei ist. Irgendjemand kann es immer ein wenig billiger (Ruskin´sches Preisgesetz). Der Vermittler hat daher geringe Einnahmen, die er sehr oft zum Teil zurückführen muss. Im fehlt dadurch die Bereitschaft/Möglichkeit der Fortbildung, die diesen Kreislauf durchbrechen würde.
Eine Lösung:
Die Versicherungswirtschaft hat zuvor noch nie so viele Veränderungen erlebt, wie in den letzten Jahren. Wer kein Alleinstellungsmerkmalen in Bezug auf Fachkompetenz und Spezialisierung ausprägt, wird in der Menge untergehen. Ich erinnere an Toblerone statt Fachwissen:-). Es ist ein Irrglaube, dass eine Netzwerktätigkeit Umsatz verringert. Das Gegenteil ist der Fall. Seit gut 15 Jahren ist mein Umsatz stetig weiter gestiegen. Ein Erfolg der Spezialisierung. Wenn Kollegen auf Augenhöhe miteinander arbeiten, so gewinnt jeder Beteiligte. Die Anbieter von Verträgen, mit minderem Wert, werden sich dann fachlichen Fragen und Gegenüberstellung von Vermittlern ausgesetzt sehen. In einem Blogbericht dokumentierte ich zwölf Fragen an einen großen Versicherer. Sechs konnte er beantworten. Beim Rest stand „k.a.“. Er teilte mir ganz frech mit, dass diese Punkte von den Vermittlern nicht hinterfragt werden. Man sei sich des Umstandes der unklaren Bestimmung gar nicht bewusst. Warum also sollen wir etwas ändern?
Sapere aude!
Frank Dietrich Fachmakler