Post vom Versicherer – Prüfung angesagt.
Mit großer Regelmäßigkeit und in zunehmenden Maße wird geprüft-geprüft, ob ein Versicherter, der in kurzer Zeit seit seiner vertraglichen Vereinbarung für seinen Versicherungsschutz Leistungen begehrt, auch alle Angaben vollständig und wahrheitsgemäß gemacht hat. Legitim aber für viele Versicherte beängstigend.
Wiederholt stellte ich fest, dass am Markt eine unterschiedliche Rechtsauffassung herrscht, wenn es um die Art und Weise der Nachfragen durch den Versicherer geht. Gern möchte mich heute diesem Thema etwas annähern, um auch Kollegen behilflich zu sein, Probleme grundsätzlich zu vermeiden. Ist das Kind erst einmal den Brunnen gefallen, gemeint ist, wenn erst einmal Angaben beim Versicherer sind, die ungenau, zum Teil vielleicht gar nicht belegt oder einfach falsch sind, eine notwendige (nachträgliche) Korrektur sehr oft kaum „noch“ möglich ist.
Das Problem
Immer wieder wird der Versicherte lediglich im Kleingedruckten über sein Recht informiert, die Daten selbst beibringen zu können. Viele Versicherte scheuen die Eigentätigkeit und verlassen sich auf „nette/wohlklingende Formulierung“ des Versicherers, doch behilflich sein zu wollen und deshalb bäte man um eine pauschale Schweigepflichtsentbindung.
Das geht gar nicht, meine ich. Warum?
Grundsätzlich gilt:
- ich empfehle, niemals eine pauschale Schweigepflichtentbindung aushändigen, wenn die Fragen nicht vorher rechtlich geprüft wurden.
- Die Daten sollten immer und ausschließlich im Sinne der Obliegenheiten, die dem Versicherten ermöglichen, die Auskünfte selbst beizubringen, vor Weitergabe inhaltlich auf Stimmigkeit geprüft werden. Sofern es Bestandsdaten des Arztes sind, sollte vor Weitergabe geprüft werden, ob dieDiagnosen verifiziert wurden und der Kunde über die Dinge auch unterrichtet wurde. Unser Gesundheitssystem „belohnt“ Krankheiten und daher finden sich viele Diagnosen die eigentlich als Verdachtsdiagnosen und „Ohne Befund“ hätten notiert werden müssen. bis der Leistungsfall erst einmal gegeben, ist es sehr schwer, in entsprechender Zeit eine wahrheitsgemäße Korrektur zu dokumentieren.
- davon ausgehend, dass vor Beantragung des Versicherungsschutzes die Gesundheitsdaten entsprechend recherchiert wurden, wird es keinerlei Schwierigkeiten darstellen, entsprechendes an den Versicherer auszuhändigen.
Ich stütze mich auf die gesetzliche Grundlage des Versicherungsvertragsgesetzes, genau genommen den
Paragraphen 213.
Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten bei Dritten
(1) Die Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch den Versicherer darf nur bei Ärzten, Krankenhäusern und sonstigen Krankenanstalten, Pflegeheimen und Pflegepersonen, anderen Personenversicherern und gesetzlichen Krankenkassen sowie Berufsgenossenschaften und Behörden erfolgen; sie ist nur zulässig, soweit die Kenntnis der Daten für die Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht erforderlich ist und die betroffene Person eine Einwilligung erteilt hat.
(2) Die nach Absatz 1 erforderliche Einwilligung kann vor Abgabe der Vertragserklärung erteilt werden. Die betroffene Person ist vor einer Erhebung nach Absatz 1 zu unterrichten; sie kann der Erhebung widersprechen.
(3) Die betroffene Person kann jederzeit verlangen, dass eine Erhebung von Daten nur erfolgt, wenn jeweils in die einzelne Erhebung eingewilligt worden ist.
(4) Die betroffene Person ist auf diese Rechte hinzuweisen, auf das Widerspruchsrecht nach Absatz 2 bei der Unterrichtung.
Heißt bei Nachfrage was?
Nicht aus dem Paragraphen selbst, sondern aus den entsprechenden Kommentaren und der bisher gültiger Rechtsprechung definiert sich der richtige Umgang mit diesem Recht.
- Der Fragezeitraum, der zurück abgefragt werden darf, bezieht sich immer und ausschließlich auf die Antragsfragen vom Zeitpunkt der Gesundheitserklärung durch den Antragsteller (Unterschrift/Datum)
- der Versicherer hat zu konkretisieren, um welche Art der Erkrankung es sich handelt. Dieses sollte in Form der Nennung des ICD-10 Codes erfolgen. Alles andere ist zu pauschal.
In einem aktuellen Fall versuchte der Versicherer die Karteikarte des Zahnarztes über eine pauschale Schweigepflichtentbindung zu erhalten. Ein Jahr zuvor versuchte er gleiches bei dem Krankenhaus, in dem der Kunde kurz nach Versicherungsbeginn akut behandelt werden musste. Unwissenheit oder Kalkül?
Was es in diesem Falle zu tun?
- Sofern der Kunde nicht selbst tätig werden kann/will, legen Sie den entsprechenden gültigen Maklervertrages nebst Vollmacht vor und beantragen Sie die adressierten Gesundheitsfragen zur inhaltlichen Prüfung.
- Schreiben Sie die entsprechenden Stellen an und bitten Sie um Beantwortung der Gesundheitsfragen, sofern diese richtig/rechtlich korrekt formuliert sind.
- Bitte und definitiv nicht vergessen, die befragten Stellen darauf hinzuweisen, die Unterlagen ausschließlich an den Kunden oder den von ihm beauftragten Makler zurückzusenden sind.
Nachdem die Daten vorliegen, sollten diese auf Stimmigkeit und Vollständigkeit hin geprüft werden. Erst dann, wenn sich keine Fragen ergeben, sollten die Angaben weitergeleitet werden.
In zwei Fällen, interessanterweise beim selben Anbieter, wiesen wir auf die Fehlerhaftigkeit der Fragen hin. Zu bemerken ist, dass der Versicherer wohl nicht lernen kann/will, denn in einem ersten Fall, in dem er uns nicht folgen wollte, wurde er von der Stelle zurechtgewiesen, die er über uns befragte.
Trotz dieses Vorganges und der damit einhergehenden Belehrung, wiederholte sich der Vorgang ein Jahr später
Dieser Sachverhalt belegt erneut, dass bei klarer und unstrittige Rechtslage die Verhaltensweisen der einzelnen Anbieter durchaus komplett gegensätzlich sind.
Der Interpretationsspielraum, nicht nur hier, sondern auch in vielen anderen Bereichen des Versicherungsvertragsgesetzes zeigt wiederholt auf, dass jeder Vorgang individuell zu beurteilen ist. Das fachliche Verständnis ist dabei meiner Empfindung nach zielführend.
Frank Dietrich Fachmakler
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