Das Tarifwechselrecht.

Das Tarifwechselrecht ist ein einklagbares Recht. Umso erstaunter war ich, als dieses von einem der Marktteilnehmer wiederholt abgelehnt wurde. Ein Irrtum, so die Antwort. Leider, so wie sich herausstellte ein sich ständig wiederholender Irrtum!

Werden dann, wie hier bei der Continentalen Krankenversicherung Tarifwechselangebote unterbreitet, so stellt sich die Frage, ob diese einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Einen solchen Sachverhalt möchte ich hier zur Diskussion stellen, denn ich persönlich bin andere Auffassung als der Anbieter.

Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, bereits vor Monaten die Bafin konsultiert zu haben. Abteilung Verbraucherschutz! Warten auf Godot? Drei Monate sollte ich mich gedulden. Danach wurde die Frist ohne weitere Zeitangabe verlängert.

Der Blogartikel soll dazu dienen, die Behörden dahingehend zu motivieren, Transparenz in die Entscheidung des BGH zu bringen, denn wir Makler wurden zum Sachwalter erklärt und benötigen Rechtssicherheit und keine Glaskugel. Allerdings bezweifle ich die Machbarkeit meines Wunsches und schließe mich damit der Meinung des Herrn RA Wirth an.

Ich darf das Gerichtsurteil vom 12. September 2012 (BGH Az. IV ZR 28/12) dem Grunde nach als bekannt voraussetzen. Dennoch möchte ich dem Urteil vorgefundene „Einleitung“ nicht unerwähnt lassen. Für meinen Mandanten, im Tarif CS2Plus mit einer Selbstbeteiligung von 1200,-  €, beantragte ich ein Tarifwechselangebot in denselben Zieltarif, wie der BGH ihn zur damaligen Verhandlung auf dem Tisch liegen hatte. Auch an der gerichtlichen Auseinandersetzung von damals war ich nicht ganz unschuldig, denn ich gab den Rat, den Vorgang gerichtlich klären zu lassen.

bgh Koexistent oder additiv?    §204 benötigt Klarheit!

Präambel BGH Urteil

 

Das Angebot des Anbieters (Auszug):

„Ich bin damit einverstanden, dass für (Herren) M.M. bei der Umtarifierung in den Tarif COMFORT-U ein Leistungsausschluss in Höhe von 1.200,00 EUR pro Kalenderjahr besteht. Dieser Leistungsausschluss bezieht sich ausschließlich auf die ambulanten Leistungspositionen, für die die bisherige absolute jährliche Selbstbeteiligung galt. Bei der Auszahlung von Versicherungsleistungen für ambulante Leistungspositionen kommt zunächst ausschließlich der Leistungsausschluss in Form der Selbstbeteiligung in Höhe von 1.200,00 EUR zur Anwendung. Die behandlungsbezogenen Selbstbeteiligungen des Tarifs COMFORT-U (gemäß Abschnitt B IV, Selbstbeteiligung für ambulante Leistungspositionen) werden erst abgezogen, sobald ihre Summe den Wert von 1.200,00 EUR erreicht hat. Die behandlungsbezogenen Selbstbeteiligungen für die stationären und zahnärztlichen Leistungspositionen aus dem Tarif COMFORT-U (gemäß Abschnitt B IV, Selbstbeteiligung) bleiben von dieser Vereinbarung unberührt. Damit kommen diese behandlungsbezogenen Selbstbeteiligungen unabhängig von dem Leistungsausschluss für ambulante Leistungspositionen in Höhe von 1.200,00 EUR zur Anwendung“.

Wir baten um Klarstellung!

Wir schrieben das Unternehmen unter Nennung des o.g. Urteils an und baten um Positionierung zum Angebot. Anbei die Einleitung der Antwort, die meines Erachtens den Sachverhalt des Urteils nicht korrekt/vollständig wiedergibt. Ich verstehe die Interpretation des Unternehmens der Art, dass man eine Leistung nicht mit zwei verschiedenen Selbstbeteiligungen belegen darf, was ich persönlich für selbstverständlich und nicht erwähnenswert halte. Das ist aber nicht die einzige/wesentliche Aussage des Urteils – oder? Meines Erachtens sprach der BGH von dem Verbot der Koexistenz zweier Selbstbeteiligungen in einem Tarif, resultierend aus der Selbstbeteiligung des Herkunftstarifes und des Zieltarifes. Liege ich falsch?

11 Koexistent oder additiv?    §204 benötigt Klarheit!

Lesen wir weiter und merken uns, dass der Tarifwechsel Anfang Februar 2019 beantragt wurde, demnach die Bestimmungen (AVB) vom 1. Juli 2018 zum Ansatz zu bringen sind.

Schattenrechnung – Besserstellung?

Lesen wir weiter und merken uns, dass der Tarifwechsel Anfang Februar 2019 beantragt wurde, demnach die Bestimmungen vom 1. Juli 2018 zum Ansatz zu bringen sind.

Im Tarifbuch, gültig ab dem 01.07.2018 bis zum 01.05.2019 finden sich die fallbezogene SB i.H.v. 20,- €, nicht 10 €! Wo liegt der Fehler oder kennt der Versicherer seiner eigenen AVB nicht?

Für den Kunden gilt der absolute Selbstbehalt von 1200.- €. Per „Schattenrechnung“ werden die theoretisch angefallenen anlassbezogenen Eigenbeteiligungen in derselben Höhe gelistet.  Im Anschluss haben sie weiter Gültigkeit bis zur Maximalgrenze von 5000 €. Für den Kunden steigt m.E. die mögliche Selbstbeteiligung dann von ursprünglich 1200 € um 2600 € p.A.. Insgesamt jedoch 3800 €. Wo ist die Mehrleistung und wo ist die Besserstellung?

Ein aktuelles Schreiben, welches in einem gleichartigen Fall als erklärende Antwort vom Versicherer an einen befreundeten Kollegen erging, bestärkt mich in meiner Vermutung.

c11 Koexistent oder additiv?    §204 benötigt Klarheit!Antwort auf Anfrage zum § 204:

Sehr geehrter Herr Dr. WD

der für Herrn L. bestehende Tarif GS1PLUS sieht eine absolute Selbstbeteiligung von 255,00 € jährlich vor. Der Tarif COMFORT beinhaltet dagegen keine absolute Selbstbeteiligung. Dieses Nichtvorhandensein einer absoluten Selbstbeteiligung stellt gegenüber dem Tarif COMFORT eine Mehrleistung in Höhe von 255,00 € dar, die wir gemäß § 204 VVG mit einem Ausschluss belegen können, sodass diese in den neuen Tarif zusätzlich übernommen wird.

Bei dem Tarif COMFORT handelt es sich um einen Tarif für Kosten ambulanter und stationärer Behandlung (im Mehrbettzimmer) sowie für Zahnbehandlung und 80%iger c22 Koexistent oder additiv?    §204 benötigt Klarheit!Leistung für Zahnersatz und Kieferorthopädie mit einer, in den AVB definierten, Selbstbeteiligung je Inanspruchnahme.

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Tarif COMFORT erhalten Sie als Anlage (s. unter IV. Selbstbeteiligung).

Entsprechend ist eine Umtarifierung in den Tarif COMFORT möglich unter Beibehaltung der bisherigen Selbstbeteiligung aus dem Tarif GS1PLUS + der leistungsdynamischen Selbstbeteiligung, die ggf. bis zu 5000,00€ beträgt.

Mit freundlichen Grüßen

…………………………………

Ein „+“ belegt eine Addition – oder?

Ich habe mir lediglich  erlaubt, das kleine „+“ rot einzufärben, markiert es doch in meinen Augen eine Koexistenz der Selbstbeteiligungen. Auch hat das Wording “ leistungsdynamische Selbstbeteiligung“ für mich persönlich einen faden Beigeschmack, wenn es um Mehrleistungen geht. Zwischenzeitlich hat auch er das Schreiben mit der Schattenrechnung erhalten.

Auszüge aus dem Urteil:

Download BGH Urteil.

Seite 3, 1 Absatz (Auzug Erklärung des Versicheres):

„Bei einem Wechsel in andere Tarife kann der Versicherer einen Mehrleistungsausschluss für Mehrleistungen verlangen, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher und umfassender sind als in dem bisherigen Tarif (vgl. § 178 f. VVG., § 204 VVG neu). der Wegfall einer Selbstbeteiligung stellt eine solche Mehrleistung dar“.

Richtig, der Wegfall einer Selbstbeteiligung ist eine Mehrleistung. Allerdings kommt eine Selbstbeteiligung, die durchaus weit höher sein kann, hinzu. Also keine Mehrleistung – oder?

un Koexistent oder additiv?    §204 benötigt Klarheit!

Seite 8, Absatz 10 (Auszug):

Auch wenn die Selbstbeteiligung in Form eines absoluten jährlichen Betrages sowie die behandlungsbezogene Selbstbeteiligung mit einem bestimmten Betrag pro in Anspruch genommener ärztlicher Leistung unterschiedlich ausgestaltet sind, stellen beide doch Formen der Selbstbeteiligung des Klägers an den angefallenen Kosten und den zu ersetzenden Versicherungsleistungen dar. Die Selbstbeteiligung des Klägers ist im Tarif „ECONOMY“ daher nicht vollständig gegenüber der bisherigen jährlichen Selbstbeteiligung von 2300 € entfallen, so dass in vollem Umfang eine Mehrleistung i.S. von  §204 Abs.1 Satz 1 1 Halbsatz 2 VVG vorläge. Vielmehr kommt allenfalls eine teilweise Mehrleistung in Betracht, soweit die Summe der behandlungsbezogenen Selbstbeteiligungen pro Kalenderjahr nicht den Betrag von 2300 € erreicht. Nur „soweit“ sind die Leistungen in dem Zieltarif „ECONOMY“ höher oder umfassender als in dem bisherigen Tarif des Klägers. Nur bezüglich dieser Mehrleistung kann der Beklagte daher einen Leistungsausschluss vereinbaren. Eine derartige Begrenzung enthält die vom Kläger unterzeichnete Erklärung zum Tarifwechsel in den „ECONMY“ gerade nicht. Sie zielt vielmehr darauf ab, dass der Kläger bei der Inanspruchnahme ambulanter Leistungen zunächst den absoluten jährlichen Selbstbehalt von 2300 € in Form eines Leistungsausschlusses zu erbringen hat und die Beklagte bei darüber hinausgehenden Leistungen zusätzlich berechtigt ist, den behandlungsbezogenen Selbstbehalt in Abzug zu bringen. Ein derartiger doppelter Abzug beim Selbstbehalt, der zu einer Schlechterstellung des Klägers gegenüber anderen Versicherungsnehmern sowohl im Herkunfts- als auch im Zieltarif führt, ist unzulässig.

Geht es deutlicher? Meines Erachtens wird genau diese hier als unzulässig gewertete Vorgehensweise repliziert. Daher achte ich persönlich die erhaltene Antwort als eine Farce, dokumentiert Sie doch in den ersten zwei Absätzen der Einleitung nicht diesen Sachverhalt. Liege ich falsch?

Abschließende Überlegung:

Die Continentale Krankenversicherung ist ein Verein auf Gegenseitigkeit, handelt den Satzungen nach also im Interesse ihrer Mitglieder. Ich persönlich bin der Meinung, dass diese Verhaltensweise nicht im Interesse des Versicherten liegen kann – lediglich im Interesse der Gemeinschaft. Die Interessenwahrnehmung sollte aber im Einklang zueinander sein.  Der Gesetzgeber hatte das Tarifwechselrecht eingeführt, um den Versicherten die Möglichkeit zu geben, Ihre Beiträge zu senken. Was aber ist der Beitrag genau?

Was muss ein Versicherter in Summe beitragen, das Ziel der Rückversicherung seiner Kosten zum Erhalt der Gesundheit, zu erreichen?

  • Beitrag: 608,74 € € zzgl. SB/montl. : 100,- € = 708,74 €
  • Beitrag 608,74 € € zzgl. SB/montl.: 316,67 € = 921,41 €

Wo bitte ist die Mehrleistung in der SB?

Nochmal: Der Anlass zu diesem Artikel ist die Unklarheit in der Auslegung der Rechtsprechung zulasten dessen, der sein Wissen dem Verbraucher zur Verfügung zu stellen hat, damit dieser schadlos ist und bleibt. Natürlich ist der Makler gemeint, denn er ist laut Gesetz und hoffentlich auch in seiner Überzeugung Sachwalter des Kunden. Daher freue ich mich auf eine Klarstellung, die ich nicht zuletzt von der Bundesaufsichtsbehörde erwarte, die den Sinn und das Gemeinte im Urteil klarstellen wird/, sollte. Kann sie das auch? Vermutlich nicht. Nur der BGH könnte klarstellen, was genau gemeint war. Wozu dann die Behörde? Manchmal zweifele ich daran, das der Statt wirklich Verbraucherschutz betreiben möchte. Das erinnert mich an meine Petition. Viele der dort von mir kritisierten Sachverahlte sind heute aktuell in der Presse.  Bspw. die Unabhängigkeit der Vergleichsportale. Wo liegt denn der eigentlich Unterschied zwischen Vergleichs – Portal und Vergleichs – Rechner Herr Müller und Frau Mohn? Immerhin nutzen die Verbraucherzentralen Vergleichsrechner in der Beratung.

Frank Dietrich Fachmakler

Der Sachverhalt, liegt, wie erwähnt, der Bundesaufsichtsbehörde seit vier Monaten zur Beurteilung vor und wurde gerade jemand an den GDV und den PKV-Verband mit Bitte um Beurteilung gemailt.

Ein paar Tage später:

Sehr geehrter Herr Dietrich,

vielen Dank für Ihre E-Mail an den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV).

Der Verband kann leider keine Fragen zur privaten Krankenversicherung beantworten.

Wir möchten Ihnen empfehlen, sich mit Ihrem Anliegen an den Verband der privaten Krankenversicherung zu wenden.

Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
Gustav-Heinemann-Ufer 74 c
50968 Köln
kontakt@pkv.de
www.pkv.de

Mit freundlichen Grüßen

xxxxxx
Verbraucherservice

Allerdings hatte ich keine Frage zum Sachverhalt gestellt, sondern die Frage zur eigenen Positionierung und eine Meinung sollte man dann doch schon haben. Verbraucherservice?

Die zweite „Antwort“:

Sehr geehrter Herr Dietrich,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Gestatten Sie uns den Hinweis, dass die Überwachung der Geschäftstätigkeit unserer Mitgliedsunternehmen nicht zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. gehört. Für die Versicherten besteht aber die Möglichkeit, sich an den Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung zu wenden:

OMBUDSMANN
Private Kranken- und Pflegeversicherung
Postfach 06 02 22
10052 Berlin

Ich gestatte mir die Bemerkung, dass der Ombudsmann lediglich für Schäden bis zu 5000 € Anruf bei ist. Bei meiner Betrachtungsweise wäre das bereits bei zwei Tarifwechseln überboten. Kompetenz?

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