Was ist überhaupt eine Öffnungsklausel in der privaten Krankenversicherung?
(Auszug Beihilfeverordnung Bayern, Stand 2018)
Im Rahmen dieser Aktionen werden
- keine Antragsteller aus Risikogründen abgelehnt,
- keine Leistungsausschlüsse vorgenommen,
- Risikozuschläge auf maximal 30 Prozent des tariflichen Beitrages begrenzt.
Eine Öffnungsaktion besteht für sowirgenannte „Berufsanfänger“. (….) Die Möglichkeit des Wechsels zu den oben genannten Bedingungen besteht jedoch nur während der ersten sechs Monate seit Begründung des Dienstverhältnisses.
Eine sehr interessante Möglichkeit für werdende Beamte, die über Vorerkrankungen klagen, die nicht versicherbar sind.
Die unterschiedlichen Interessen:
Interessent 1:
- Gesicherter Zugang zur Spitzenmedizin für den Antragsteller / Interessenten. In Anbetracht der Vorerkrankung ist dieser Faktor als besonders wichtig einzuschätzen. Zudem hat der Versicherungsschutz oftmals geringere Beiträge gegenüber der volatilen Basismedizin der GKV.
Interessent 2:
- Die Interessen der Versichertengemeinschaft sind schnell genannt. Man möchte denselben Zugriff, wie der o.g. Beamte und die Beiträge sollen bezahlbar bleiben.
- Genau genommen scheint es noch einen dritten Interessenten zu geben. Betrachten wir die Gesellschaften, die eine Öffnungsklausel anbieten, so fällt besonders die Debeka mit ihrem Angebot auf.
Bei einigen Unternehmen wird bei Beantragung der Öffnungsklausel auch der Beihilfe- Tarife mit angeboten, bei anderen nicht. Einer der Anbieter hat eine Öffnungsklausel für nicht Beihilfeberechtigt. Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze erstmals überschritten und der Antrag innerhalb von sechs Monaten gestellt, gelten die Bestimmungen der erleichterten Annahme.
Außerhalb der Öffnungsklausel, fällt ein Versicherer damit auf, dass Risikozuschläge für Vorerkrankungen weit geringer ausfallen, als bei anderen Marktteilnehmern. Ein vorerkrangtes Knie wurde beispielsweise bei zwei Marktteilnehmern mit einem Risikozuschlag von ca. 140 € belegt. Dieser Anbieter nahm knapp 40 €. Die Kosten der Behandlung sind dieselben.
Für den Betroffenen sicherlich ein Segen. Auch für die Versichertengemeinschaft?
Die kalkulatorischen Kosten, die ein kaputtes Knie im Sinne eines künstlichen Kniegelenkes begründet, sind überall gleich. Durch die geringere Risikoprämie befürchte ich allerdings, dass das Unternehmen zukünftig mehr Ausgaben als kostendeckende Einnahmen haben wird. Ich erinnere an den auslösenden Faktor, denn dieser „entscheidet“ über die zukünftigen Beitragsanpassungen. Natürlich finden geringere Risikozuschläge ihre Akzeptanz bei den Bewerbern. Bevorzugt werden sich Vorerkrankte ein Angebot machen lassen und wahrscheinlich auch einen Antrag stellen. Verständlich! Unter der Berücksichtigung, dass viele Anbieter sogenannte „Vereine auf Gegenseitigkeit“ sind, stellt sich die Frage, ob man das im Vorstand alleine, also ohne die anderen Versicherten, gemeint ist die Versichertengemeinschaft, entscheiden kann und darf.
Definitiv bin ich der Meinung, dass die, die von Versicherer mit Öffnungsklausel im Angebot angesprochen und versichert werden, über diesen Umstand zu informieren sind – ungefragt. Liege ich falsch? Ein weiterer Marktteilnehmer, dessen Namen ich hier nicht nennen möchte, bietet Versicherungsschutz in einem Rahmenvertrag, gänzlich ohne Gesundheitsfragen an. Ein solcher nicht ausgefüllter Antrag liegt mir neben den Unterlagen der Politisierung vor.
Lediglich die „vertrauensvolle“ Frage, ob denn die Antragstellerin gesund sei, wurde gestellt. Ein Rückenleiden begründete zwar, dass der Vermittler des Anbieters keinen Dienstunfähigkeits-/Berufsunfähigkeitsversicherung anbieten möchte, stand aber der Policierung nicht entgegen. Wir prüften den Vorgang durch einen Blick in die Patientenakten. Psychotherapie über Jahre hinweg mit einer hohen Zahl der Behandlungen fanden wir vor. Wer trägt die Kosten, wenn nicht auch hier die uniformierte Versichertengemeinschaft? Wie kann der Versicherer sein Leistungsversprechen später halten? Wie sieht es mit dem Wettbewerbsgesetz aus? Ohne Gesundheitsfragen stellt in meinen Augen zweifelsfrei einen Vorteil dar, der systemfremd ist. Wir sprechen hier nicht über den gesetzlichen Bruder, sondern ein Vertragsrecht.
Weitere Überlegungen:
Vor einigen Tagen erst wendete sich ein Kunde an mich, der eine normale Annahme nicht erwarten kann, wenn er in die private Krankenversicherung möchte. Im Rahmen der Öffnungsklausel erhielt er Versicherungsschutz bei einem der Marktteilnehmer. Die Begründung, nur über die Öffnungsklausel versicherbar zu sein liegt in der Tatsache begründet, dass dieser Mensch keine männlichen Fortpflanzungsorgane (Geburtsfehler) hatte. Wie aber würden sich der Versicherer verhalten, macht der Versicherte später von seinem Recht der künstlichen Befruchtung gebrauch?
Die politische Motivation, die zu den Öffnungsklauseln führte, verstößt gegen die Interessen der Versichertengemeinschaft. Das empfinde ich so. Niemand der Beihilfeträger, die ich in den letzten 20 Jahren beraten habe, kannte die hier kritisch beleuchteten Zusammenhänge. Mit seinen Beiträgen zahlt er aber auch die Kosten der Versicherten, die über die Öffnungsklausel kamen und auch die, die mit geringeren Zuschlägen aufgenommen wurden.
Unabhäng davon fällt mir auf, dass ich in den letzten Jahren im Rahmen der betreuenden Tätigkeiten immer öfter davon hörte, dass viele Anbieter mit einer Öffnungsklausel Leistungen im Bereich der Neurologie verweigern.
Krankheitsbilder der Psyche und Neurologie sind schwer nachweisbar, lassen sich also leicht diskutieren. Immer mehr Anbieter nutzen die so genannte medizinische Notwendigkeit als Regulativ, nicht mehr als Leistungsgrundlage. Eine verspätete Auswirkung auf Umsatz um jeden (geringen) Preis? Einen der Versicherer darauf angesprochen, erhielt ich vier Seiten an Erklärungen. Allein die Zahl der Seiten zeigt, dass es keine wirkliche Erklärung gibt.
Es geht doch auch anders – solidarischer:
Wenn man eine solche Klausel anbietet, dem Vorwurf des Cherrypickings in der PKV aus dem Weg gehen will, sollten die damit verbundenen Risiken auf weit mehr Schultern verteilt werden. Ob man diese (spezielle) Versichertengemeinschaft nachher selektiert weiterführt, um die Folgen für die weiteren Versicherten zu mindern, steht auf einem anderen Blatt aber auch zur Diskussion. Ein solches System sollte anbieterübergreifend installiert werden, damit die Kosten sich besser verteilen.
Ausschließlichkeitsvertrieb.
Ich bitte den kurzen Themenwechsel in diesem Artikel zu entschuldigen. Immer wieder bestätigen mir junge Beamte, dass Sie bereits bei der Vereidigung mit Namen angesprochen wurden (Datenschutz?). Auch wurde immer wieder auf den schnellen Abschluss gedrängt. Möglichst sofort, spätestens aber in 14 Tagen, sollte sich der Interessent entschieden haben. Wer aus der Familienversicherung in die Beihilfefähigkeit wechselt, hat eine Frist von zwei Monaten, nach denen er dem Vorversicherer den Statuswechsel und ein entsprechendes nahtlos anschließendes Versicherungsverhältnis nachweisen muss. Die zuvor freiwillig gesetzlich Versicherten müssen die ordentliche Kündigungsfrist beachten und sind möglicherweise gut damit beraten, schon vor der Verbeamtung mit entsprechender Zeit zu kündigen und sich Versicherungsschutz für den notwendigen Nachweis zu besorgen.
Auch wurde niemand aus diesem Personenkreis wirklich beraten. Trotz dessen Mannschaft Anbieter mehrere Tarifstufen anbieten, entschied bereits der Berater, was versichert. An Konkurrenz angeboten, um Vergleiche erstellen zu können, denn niemand bietet alles an, fehlte es grundsätzlich. Darf man jungen Menschen wirklich die Möglichkeit nehmen, sich bewusst Versicherungsschutz zu entscheiden, der ein Leben lang Vorkosten bewahren soll? Ich persönlich denke, dass dieses einer unglaublichen unberechtigten Bevormundung zum Nachteil dieser Menschen gleichkommt.
Wer in Eile handelt, handelt meist nicht sorgfältig. Es ist heute schon grob fahrlässig einen Antrag ohne den Blick in die gelistet Behandlungsdaten beim Hausarzt zu stellen. Die Berater, die sorgfältig vorgehen, werden mir bestätigen, dass bei gut 90 % der Interessenten Einträge in den Akten vorhanden sind, die jeder Leistungsgrundlage entbehren. Subjektive Einträge, die in der Akte nichts zu suchen haben, werden oftmals als gesicherte Diagnosen abgerechnet. Man beachte den sogenannten „TK-Skandal“, der für die gesetzlichen Kassen gleichermaßen gilt und für den die Zeche die Verbraucher zahlen. Verbraucherschutz? Dort spricht man bevorzugt über das Rentenproblem, sichert aber nicht die Beiträge in Form einer transparenten Arbeitskraftsicherung.
Noch immer finden sich heute, trotz des Skandals vor vielen Jahren, Versicherungsbüros in Dienststellen. Mal mehr oder weniger deutlich. Ich persönlich bin der Auffassung, dass die Versicherer, die solche Vertriebswege für sich gewählt haben, den Vergleich mit der Konkurrenz am Markt zu fürchten haben. Wer entsprechend hochwertige Qualität bietet, hat den Vergleich nicht und wird auch nachgefragt werden.
Wo bitte sind die Wettbewerbshüter?
Ich würde mich freuen, zu diesem Artikel eine Diskussion angestoßen zu haben. Sicherlich habe ich nicht alle Sachverhalte berücksichtigen können. Schon deshalb besteht mein Interesse an den Meinungen Dritter. Bitte beachten Sie auch den Artikel „Beamtenehe und Beihilfe„.