Nachhaltige und zukunftsorientierte Interessenvertretung?

Unbe Der GDV Kommentar.Der „Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), von Versicherern bezahlt und deren Interessen vertretend, äußert sich in einem Bericht vom 28. Juli 2018 zum Bericht von frontal 21 zu den Inhalten der Sendung mit 5 Argumenten. Die Ausstrahlung hatte die Probleme der Versicherten zum Inhalt, die die Versicherer ihnen während der Prüfung der Leistungsregulierung zur Berufsunfähigkeitsrente machen. (AssCompact)

Jetzt sollte man doch meinen, dass es den Versicherern gut geht, wenn sie genügend zufriedene Kunden haben. Kunden, die sich gut beraten fühlen. Kunden, die Ihre Versicherungsbestimmungen verstehen und deren Wert im Leistungsfalles einschätzen können. Kunden die Leistungen  icherhalten, wenn es dann einmal zum Leistungsfall kommt. Falsch – oder habe ich etwas nicht richtig verstanden?

Betrachten wir die Argumentation der Interessengemeinschaft vor diesem Hintergrund.

  1. Hohe Leistungsquote der Versicherer:
    1. Die hohe Leistungsquote der Versicherer wird mit knapp über 77 % angegeben. Zahlen, die nicht nachvollziehbar sind. Die Datenerhebung, zum Teil durch direkten Anruf beim Anbieter mit der Frage, ob er gut reguliert, erfolgt, ist m.E. unglaublich dumm und ohne Aussagekraft. Wer der Befragten würde sich negativ zum eigenen Hause äußern? 1 Der GDV Kommentar.
    2. Die Bandbreite von 42-86 %, wenn es um Anerkennungsquote im Leistungsfall geht, wurden in der Transparenzinitiative des PremiumCircle Deutschland dokumentiert. Nach den „Bemühungen“ des GDV würden diese im Dunkeln bleiben. Gut 40 % davon stellen befristete Anerkenntnisse da. Wie viele im zweiten Jahr keine Rente mehr bekommen, wie viele Jahre durchschnittlich eine Rente vom Versicherer gezahlt wird und vieles andere mehr, was den Kunden interessiert, wird bei GDV nicht erwähnt. Von 62 Unternehmen nahmen nur 15 an der Initiative teil. Viele verweigerten die Teilnahme und andere reagierten nicht einmal auf die Anfrage. Schon hier sollte sich jeder verantwortungsvolle Vermittler Gedanken machen, wen er vermittelt. Interessanterweise fanden sich von vier der Verweigerern (Allianz, Aachen Münchner, Huk-Coburg und Nürnberger) Zahlen in der Illustrierten Stern (Heft 17 / 20.4.2017). Woher kamen diese Daten? Wie sind sie belegt? Folgte die Presse ihrer Datenerhebung den Vorgaben des GDV? Welchen Wert haben diese Berichte dann? Im zweiten Jahr versuchte der GDV m.E. diese Initiative zu boykottieren. Kann das wirklich eine Interessenwahrnehmung im oben genannten Sinne für beide Parteien sein – oder will man lieber die Realität verstecken, denn sie ist eher peinlich und nicht vozeiogbar? Ich sehe es nicht als richtig und sachdienlich an, sich mit dem staatlichen Leistungsträger, der sich aus der Versorgungsverantwortung gestohlen hat, zu vergleichen. Er bietet keinen vergleichbaren Schutz an. Berufsunfähigkeit der privaten Vorsorge und die staatlichen Definitionen zur Erwerbsunfähigkeit sind Äpfel und Birnen.  Solche Dinge zu vergleichen, sollte man den Ratingunternehmen überlassen, die regelmäßig damit auf dem Markt punkten wollen. Zum Argument 1 kann zusammenfassend gesagt werden, dass die Daten nicht belegbar und damit nicht aussagekräftig sind. Dass der geführte Vergleich unterschiedliche Dinge versucht zu vergleichen, die nicht vergleichbar sind.
  2. Geringe Quote an Beschwerden und Gutachten.
    1. Auch diese Behauptung lässt sich nicht in der Tiefe nachvollziehen. Vorher die Daten? Wieder beim Anbieter nachgefragt? Die gelebte Praxis, die ich bei meinen Kollegen, die Leistungsfälle begleiten erlebe, zeigt auf, dass bei 100 Fällen lediglich 10 ohne Gutachter auskommen. Wann war der GDV selbst mal „an der Front tätig“? Auch erlebe ich immer wieder, das Beschwerden nicht kompetent von den „Kontroll-Behörden“ verfolgt werden. Seit Jahren melde ich der Bundesaufsichtsbehörde Verfehlungen. Seit Jahren höre ich: hätte, könnte, sollte, wir sind nicht zuständig! Der Glaube, dass geholfen wird, ist nicht mehr existent. Dazu in einem kurzfristig noch erscheinenden Artikel mehr. Auch dieses Argument hat keine Tragfähigkeit.
  3. Drei Viertel der Kunden werden aufgenommen.
    1. Entschuldigen Sie bitte, aber ging es bei frontal 21 nicht um Leistung? Die Aufnahme von Antragstellern hin zum entstehenden Versicherungsschutz hat nichts mit Leistung zu tun. Man könnte sogar böse sagen, umso mehr sich versichern, umso mehr Geld kommt herein. Die Leistungen und deren Bewilligungstehen auf einem anderen Blatt! Dieses Argument hat an dieser Stelle überhaupt keinen Sinn. Interessenvertretung ad absurdum
  4. BU-Policen nicht unnötig kompliziert.
    1. Wieder stellt sich dieselbe Frage. Es geht um Leistungen und um die Art und Weise, wie Anbieter prüfen. Dass die Bestimmung in den Berufsunfähigkeitsversicherung undefiniert und intransparent sind, ist seit längerem belegt. Bei frontal 21 ging es aber um den Umgang mit Antragstellern, die klar und deutlich ihre Erkrankung als gesichert diagnostiziert belegen konnten. Überall wurden ihnen Steine in den Weg geräumt, Steine, die verhindern sollten, dass es zur Auszahlung kommt. Das hat dem Grunde nach zwar etwas mit Bestimmungen zu tun, wichtiger aber noch, mit dem Umgang der Bestimmungen gegenüber denen, der immer den Beitrag pünktlich und regelmäßig zahlten. Diese Einbahnstraße wurde nun von der Politik erkannt. M.E. wiederholt ein nicht tragfähiges Argument des GDV.
  5. Verbreitung der BU vergleichsweise hoch.
    1. Vergleichsweise wozu? Gemessen an anderen Staaten oder gemessen an dem Bedarf, der real besteht. Bisher wurde bis zu erscheinen dieses Artikels von einer Abdeckung von jedem 6 der Bevölkerung  (ca. 16,66%) gesprochen. Plötzlich sind es 30 %. „Mal eben“ fast verdoppelt. Sofern hier keine Quellenangabe folgt, müssen wir davon ausgehen, dass auch diese Zahl gewürfelt ist.
    2. Der Bedarf, der sich aus der immer längeren gesetzlich vorgegebenen Arbeitszeit ergibt, wächst mit dieser Verlängerung auf meines Erachtens 100 %. auch 30 % wären keine befriedigende Abdeckung. Auch dieser Sachverhalt hat mit der Leistungsregulierung nichts zu tun.

Ich fasse zusammen, dass von den fünf Argumenten, wenn man sie überhaupt so nennen kann, drei keinen Bezug auf den Bericht zu haben scheinen. Meiner Erfahrung nach wird in solchen Kommentaren primär das angesprochen, was im Argen liegen.  Komplizierte BU Policen werden angesprochen, die Aufnahmequote hochgelobt und die Verbreitung der BU als vergleichsweise hoch (?) argumentiert. Vermutlich wäre es sinnvoller gewesen, sich nicht zum Bericht zu äußern, betrachtet man dieses Ergebnis.

Wer von den Versicherten wüsste nicht gern, ob sein Versicherer bei Antragstelklung zur BU-Rente eher zusagt oder gegen hält? Es ist vergleichbar mit dem Automarkt. Gemittelte Werte zum Beispiel in der Lebensdauer, der qualitativen Verarbeitung oder auch der Ausstattung würden keinen Kunden begeistern. Jeder Kunde würde sich den Wagen ansehen der ihn interessiert, definitiv nicht die gemittelten Werte aller Wagen  zur Grundlage seiner Wahl machen. Liege ich richtig? Schon deshalb kann ich keinen nachhaltigen Kundennutzen und damit auch keinen Nutzen auf Dauer für die Versicherer erkennen, wenn ich solche Dinge zu lesen bekomme. Ein weiser Mann hat einmal gesagt, dass falsches nicht richtig wird, nur weil man es immer wieder hervorholt.

Der Markt, sofern er sich um die Anbieter und ihr Verhalten dreht, scheint seit Jahren grundsätzlich auf dem Holzweg zu sein. Dazu zwei Empfehlungen aus meinen Blogartikeln, die sie lesen sollten:

Die logische Folge, vor den dokumentierten Problemen die Augen zuzumachen, wird auf lange Sicht den Ruf der Branche weiter verschlechtern. Dringend notwendige Absicherung werden nicht getätigt, weil man das Geld nicht aus dem Fenster werfen möchte. Die Versicherer und damit auch ihre Interessenvertretung sollten schlussendlich nie vergessen, von was sie eigentlich leben. Der Umsatz wird weiter stagnieren und die Politik wird sich einmischen müssen. Solange Rating Unternehmen Äpfel und Birnen vergleichen und zu den besten Bananen des Marktes erklären, zu lange Gesellschaften selbstherrlich in Werbung schwelgen, anstatt sich entsprechend und erwartungsgemäß im Leistungsfall zu verhalten, wird es nur Verlierer geben.

Zielführender und im Ergebnis für alle Beteiligten sinnvoll wäre eine Überarbeitung der angezeigten Missstände (Anbieter), die Schärfung der Wahrnehmung des Risikos des Verlustes der Arbeitskraft (Staat) in der Bevölkerung. Anstatt Industrien zu fördern, deren Produkte gesundheitsschädlich sind, sollte man sich mit den Geldern der Förderung zur Absicherung der Arbeitskraft zuwenden. Ein kürzlich gehörtes Interview hat belegt, dass nicht einmal 10 % der Studenten wissen was einer Rendite ist oder worauf meinem Versicherungsvertrag zu achten ist. Demnach sind wir meilenweit vom mündigen Kunden entfernt, den Frau Mohn (Verbraucherzentralen) doch überall in uns glaubt zu erkennen. Leider erkenne ich in dem Verhalten der Verbraucherzentralen denselben Wirklichkeitsverlust, wie ich hier meines Erachtens belegt habe. Es geht um die Honorarberatung deren Folgen. Trotz der negativen Folgen, die wir in England bereits dokumentieren können und die damit verbundenen Tendenzen, alles zurück zu entwickeln, werden diese ausgeblendet, wenn es um die politische Stellungnahme geht. Auch hier wird dem Kunden nicht geholfen, der doch der Dreh-und Angelpunkt der Tätigkeit sein sollte.

Vorschläge (Auszug):

  • Der Staat fördert jeden Vertrag, der zur Pflichtversicherung ab dem zehnten Lebensjahr wird.
  • Die Bearbeitungszeiten im Leistungsfall als auch die Nachweise, die erbracht werden müssen, werden klar definiert.

Ich beende diesen Bericht mit einem Zitat von Gustav Meyrink (Der Golem): Es ist nicht der Anfang, der dem Menschen fehlt, sondern der Glaube, ihn suchen zu müssen ist das Hemmnis.

Sapere aude.

Frank Dietrich Fachmakler


 

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