Ein aktueller Anlass ist Grund für diesen Artikel.
Mich hat es geschüttelt. Es geht mal wieder um das Thema Handwerkszeug des Vermittlers. Ein Versicherungsmakler bietet eine Beitragsoptimierung auf Basis der Beitragsdifferenz des bisherigen Tarifes zum Zieltarif (erfolgsorientiert) an. Er möchte zwölf Monatsbeiträge verdienen! Der Vertrag gehört nicht in seinen Bestand und ist auch nicht von ihm vermittelt worden. Die Frist, die er dem Versicherten einräumt, die Einsparmöglichkeiten wahrzunehmen, beträgt 36 Monate. Schon hier wäre der Vermittler rechtlich zu belangen.
Zum Vorgang selbst:
Der Berater verwendet eine marktübliche Beratersoftware. Er stützt sich dabei beratend auf die dort dokumentierten Daten und haftet natürlich (allein) dafür. Eigentlich hat er die Holschuld gegenüber dem Kunden, entsprechend korrekte Daten für die Beratung zu beschaffen. Stattdessen verlässt er sich auf Aussagen anderer Personen, die er nicht kennt und die Haftung für ihre Darstellung von Versicherungsschutz ausschließen. Software ist keine Beratung, sie kann maximal ein Hilfsmittel dessen sein. Es ist wie mit der Werkstatt. Wer glaubt, dass die Hebebühne den Wagen repariert und nicht der Monteur, der glaubt auch, dass sich Software berät und nicht der, der sie verwendet. Auch sind grundsätzlich alle „Werkzeuge“ der Beratung, die vor ihrem Einsatz eingestellt werden können, bedenklich. Ich erinnere an den beurteilenden Satz bei einer anderen Software: „Ein paar Klicks hier und ein paar Klicks dort und das Produkt passt zum Kunden!“
Auszug aus den AGB des Herstellers:
10.3. Ausschluss: Die xxx Software GmbH haftet nicht für die Richtigkeit der Prämienberechnung und der Leistungsaussagen in den Vergleichsprogrammen sowie der inhaltlichen Haftungssicherheit der Beratungsprotokolle. …..
…. 10.4. Fehlerfreiheit: Dem Lizenznehmer ist bekannt, dass die vollständige Fehlerfreiheit eines Computerprogramms nicht gewährleistet werden kann. (Ende Auszug)
Der bisherige Tarif der DKV ist der BestMed 4/1. Die Vereinbarung mit dem Optimierer bezieht sich auf ein gleiches Leistungsniveau trotz der Einsparung. Man bietet an:
- VollMed M4-BR0
- ET2 / SB2
Der Versicherer selbst hätte bei einer Anfrage zum Tarifwechsel die Auflage, mindestens drei Angebote zu machen. Ich beschränke mich in meiner Bewertung/Betrachtung auf die mit der Software gemachten Aussagen auf einzelne Parameter, wie zum Beispiel:
- Hilfsmittel
- Gebührenordnung
- Reha/AHB
- Gemischte Anstalten
- Heilmittel
- Psychotherapie
- Bundespflegesatzverordnung/Krankenhausentgeltgesetzes und Fallpauschalenvereinbarung, denn hier zeigt sich der wirkliche Privatpatient.
Betrachten wir die Hilfsmittel der gemachten Tarife auf Basis der allgemeinen Vertragsbestimmung und einklagbar Leistungen, so zeigt sich folgendes Bild:
- Der Ursprungstarif BestMed 4 hat eine sehr umfangreiche, offen formulierte Hilfsmittelversorgung. Lediglich die künstliche Ernährung ist eingeschränkt.
- Im VollMed sind die Hilfsmittel weder offen formuliert, noch ohne Begrenzungen, sofern sie nicht mit einer vorherigen schriftlichen Zusage erst einmal erbeten werden müssen. Warum erbeten? Die Zusage zu erhalten, ist nicht garantiert. Bei der künstlichen Ernährung sieht es entsprechend aus.
- Der Tarif ET /SB2 ist zwar offen formuliert trägt aber fast in jedem Bereich eine Begrenzung, die im Einzelfall geprüft werden muss. Die künstliche Ernährung dafür ist versichert.
Klar zu erkennen, dass Äpfel, Birnen und Bananen verglichen wurden und siehe an, alles sind Pflaumen:-).
- Die Gebührenordnung bezieht sich in ihren Angaben lediglich auf das Inland und den stationären Bereich. Alle drei Tarife sind in unterschiedlichem Maße an die deutsche Gebührenordnung im Ausland gebunden. Der Versicherer ist damit im Zweifel von der Zahlung frei oder kann nur anteilig dessen leisten, was die Gebührenordnung in Deutschland hergeben würde.
- Intern reicht das Angebot (ET) von Regelleistungen im Bereich Zahn und ambulant bis zu Höchstsätzen des Ursprungstarifes oder auch darüber hinaus im Tarif VollMed. Diese Unterscheidung bleibt ohne Dokumentation.
- Reha/AHB sowie auch Gemischte Anstalten finden sich an keiner Stelle des Vergleichs. Betrachtet man die Inhalte der Absicherung, sind sie auch alle im Grunde gleich. Lediglich die Notfalleinweisung im Ursprungstarif ist versichert. Sonst nichts ohne vorherige Zusage.
Heilmittel
Vermutlich ahnen sie es schon. Zwei der Tarife haben Einschränkungen, die zum Beispiel im Preis, einem Preisverzeichnis oder einer prozentualen Begrenzung liegen können. In zwei Tarifen ist die logopädische Behandlung nicht garantiert versichert. An anderer Stelle fehlt es an ergotherapeutischen Behandlungen. Die Nennung der „Nichtärztlichen Behandler“, um die Leistungserbringer dieser Behandlungsmethoden auch versichert zu haben, ist neben Tarif anders. Im VollMed gibt es keinen Logopäden und im Tarif ET fehlt deren Nennung vollständig. Wo also liegt die Grundlage der 100-prozentigen Gleichstellung?
Psychotherapie:
Abgebildet wird lediglich die ambulante Psychotherapie, nicht aber die stationäre. Die Frage bleibt offen, ob sie überhaupt versichert ist und mit welchen Begrenzungen oder Obliegenheiten.
Die Abrechnungsmodalitäten, wie das Krankenhausentgeltgesetz und die Bundespflegesatzverordnung, die über die Kostenerstattung in Privatkliniken Auskunft geben, werden im Gegensatz zueinander hier nicht abgebildet. Interessant dabei ist, dass einer der Tarife die Meldepflicht bei Krankenhausaufenthalten hat. Ist der Kunde darüber nicht informiert, so wird er die Frist versäumen und steht vermeintlich für die Rechnung selbst im Obligo. Auch bietet der Versicherungsschutz in Krankenhausambulanzen und unterscheidet nicht, ob eine Bindung an die Bundespflegesatzverordnung gegeben ist. Der Privatversicherte Kunde ist damit im Glauben, auch in Privatkliniken versichert zu sein. Irrtum, es sei denn, er möchte selber zahlen!
Schon die kurze Betrachtungsweise zeigt die Unvollständigkeit in der Abbildung. Vieles wird einfach weggelassen, anderes falsch dokumentiert. Die maximale Differenz liegt bei 350 Euro. Auf dieser Basis müsste der Kunde 4200 € für diese „Leistung“ zahlen.
Fazit:
Software muss man sich leisten können. Insbesondere dann, wenn man Verträge noch nie selbst gelesen hat und von den Grundzügen eines solch komplexen Vertragssystems keine wirkliche Ahnung hat. Solchen Vermittlern ist zu empfehlen, die Haftpflichtversicherung bezahlt zu haben und den Haftpflichtversicherern am Markt ist offen zu empfehlen, zu prüfen, mit welchen Handwerkszeugen ihre Vermittler auf den Markt gehen. Der eine berät inhaltlich der andere Sammelt Tankgutscheine. Nur im Kleingedruckten erkennt man den Wert einer Absicherung, den Preis zahlt man bereits.
Frank Dietrich Fachmakler