Maßstäbe, neu definiert.
Gerade erst zu Jahresbeginn erfuhren wir durch einen Mitarbeiter der AXA Krankenversicherung AG, dass die Tarife EL-Bonus N und EL Bonus U inhaltlich keinerlei Unterschiede aufweisen. Wir fragten mehrfach nach und erhielten immer dasselbe Ergebnis. Lesen Sie selbst.
Trotz der schriftlichen und eindeutigen Positionierung entschuldigte sich das Unternehmen bei der Versicherten dafür, nicht erwähnt zu haben, dass eine Gesundheitsprüfung dann doch nötig wäre, den Tarif zu wechseln. Zwei Schreibtische – 2 Entscheidungen. Betrachten wir eine Kindernachversicherung vor gut einem Jahr beim selben Unternehmen, so wird durch das Verhalten wiederholt belegt, dass Tarife gleichen Inhaltes sind, obwohl sie einerseits zur Bisex – und andererseits zur Unisexkalkulation gehören.
Die Eltern waren in der „alten Welt“ versichert, das Kind wurde als Frühchen geboren, und man bot ausschließlich Unisex an. In diesem Falle gilt der § 198 des Versicherungsvertragsgesetzes – d.h. er sollte Gültigkeit haben. sind die Tarife im gleichen Inhaltes oder wurde hier gegen das Gesetz verstoßen?
Warum dieser Artikel?
Seit Monaten bemühen wir uns um eine vernünftige/nachvollziehbare Aussage für einen möglichen Tarifwechsel für einen seit Jahrzehnten dort versicherten Herren. Trotz der freiwilligen Erklärung im Tarifwechselleitfaden (und dem bindenden gesetzlichen Hintergrund des Paragraphen 204), die möglichen/angeforderten Zieltarife detailliert und vollständig mit dem Ursprungstarif zu vergleichen, erhielten wir lediglich auszugsweise Leistungen gegenübergestellt, die der Versicherer als wichtig erachtet. Darauf hingewiesen, dass diese nicht vollständig sind, verwies man uns auf das Studium der AVB, welches der Versicherte vorzunehmen hätte.
Ist das rechtens?
Das Urteil vom 8. April 2015 (Landgericht Nürnberg-Fürth, Az. 2 O 1683/14) verbietet diese Art derAufforderung gegenüber dem Versicherten. man könnte polemisch sagen, dass ein Versicherter den Leitfaden ja selbst nicht unterschrieben hat:-). Wir konfrontierten den Versicherer mit diesem Urteil. In den „Entscheidungsgründen“, dritter Absatz, findet sich der klare Hinweis, dass ein solches Verhalten um Versicherer gegenüber dem Versicherten nicht statthaft ist.
Lesen Sie die Antwort der AXA:
Man bezieht sich auf die Eigeninterpretation, das Urteil wäre lediglich bei intransparenten Allgemeinen Versicherungsbestimmungen anzuwenden. Dem können wir nicht folgen, da wir diesen Hinweis im Urteil nicht erkennen. Entgegen der Zusicherungen und dem folgenden Widerspruch, dass bei Tarifwechsel keine und dann doch eine Gesundheitprüfung zu machen ist, erscheint uns die Eigeninterpretation, dass die Bestimmung doch sehr klar wären, durch die eigenen Mitarbeiter mehrfach widerlegt. überall Widersprüche bei klarer Gesetzeslage..
Auch war uns bisher nicht bekannt, dass Wirtschaftsprüfer einen Tarifwechselleitfaden zu prüfen haben. Ich denke, das ist mehr die Aufgabe von überwachenden Behörden und Juristen.
Ein Fazit:
Nicht nur dieser Versicherer, sondern auch andere Marktteilnehmer haben in der Vergangenheit in großer Zahl immer wieder belegt, dass die selbstaufgelegte Handlungsweise bei Tarifwechsel gegenüber ihren Versicherten nicht eingehalten wird. Ich sehe nun meine Vermutung bestätigt, dass es augenscheinlich am Verständnis der Gesetzesgrundlage und wohl auch an der fachlichen Kompetenz, unterschiedliche Leistungen definieren und gegenüberstellen zu können, fehlt.
Ein gerade veröffentlichtes Urteil des BGH wirft zudem neue Fragen auf. Der Versicherer, hier wahrscheinlich Signal Iduna (siehe Tarifangaben) fordert in diesem Fall beim Tarifwechsel einen Risikozuschlag für die Mehrleistungen, der so meiner Kenntnis nach bisher lediglich bei zwischenzeitlich entstandenen Erkrankungen eine Begründung fand. Rechnet man dem Kunden nun also höheren Versicherungsschutz zu, den er zu bezahlen hat, was ist mit Versicherungsschutz, der nach Tarifwechsel gemindert wurde? Sehr oft finden sich solche Beispiele, wenn ein Tarif gewechselt wird. Hier schlief der Gesetzgeber (mal wieder) oder es fehlt auch an der fachlichen Kompetenz, das Problem zu erkennen und zu regulieren. Auch der BGH bis heute nicht dazu geäußert. Ein solches Urteil scheint mir nicht im Sinn des § 204!
Empfehlung:
Ein Tarifwechsel realisieren zu wollen, sollte man nicht ohne qualifizierte und fachlich kompetente Hilfe überlegen. Aber Achtung! Der Großteil der Firmen, die Hilfestellung anbieten, scheint ihr Geschäftsmodell auf der Prämisse der erzielten Beitragsdifferenz zu begründen, nicht auf der zwingend notwendigen inhaltlichen Beratung, die Unterschiede aufzuzeigen, die der Tarifwechsel mit sich bringen würde. Bedenken Sie bitte immer, Beiträge sind Momentaufnahmen, veränderte Leistungen sind dauerhaft. Achten Sie insbesondere auf die ausführliche Dokumentation, denn wir erwarten in den kommenden Jahren, dass die Gerichte diese Vorgänge immer öfter nachträglich prüfen werden.
Frank Dietrich Fachmakler
TARIFWECHSEL: VERSPRECHUNGEN UND GELEBTE REALITÄT
TARIFWECHSEL UND VERTRAGSLAUFZEITEN. CONTINENTALE UND DAS VVG.