Die Möglichkeit ein befristetes Anerkenntnis erhalten zu können, sehen viele Vermittler als Vorteil an, wenn sie den Kunden beraten. Auch behaupten sie, ein weiterer Vorteil liege darin, im Leistungsfall schneller an Geld zu kommen. Blanker Unsinn, wie ich meine. Nachdem ein Leistungsantrag gestellt wurde, prüft der Versicherer, ob bei Antragstellung auch die Antragsobliegenheiten eingehalten wurden. Das dauert nun einmal seine Zeit und erst danach kommt das mögliche befristete Anerkenntnis.
Zum befristeten Anerkenntnis und den Problemen, die ein Antragsteller, der seine Berufsunfähigkeitsrente möchte, hat, möchte ich in diesem Artikel berichten. Ein aktueller Vorgang, noch nicht abgeschlossen, dokumentiert an welcher Stelle die Probleme liegen.
Obliegenheiten einhalten
Probleme der Antragstellung.
Die zahlen ja doch nicht! An dieser Aussage ist etwas dran. Gut 70 Prozent der nicht zur Auszahlung kommenden Renten werden abgelegt, nicht abgelehnt. Der Antragsteller schafft es nicht, da ihm die Kenntnisse fehlen, dem Versicherer die Berufsunfähigkeit im Sinne der Bestimmungen nachzuweisen. Das Wort Kerntätigkeiten kennt er nicht.
Fragt ein Versicherer immer wieder nach weiteren Unterlagen, denn welche er erfragen darf, ist nicht in Menge und Qualität in den Vertragsbestimmungen geregelt, ist es nachvollziehbar, dass der Versicherte aufgibt. Gerade, wenn eine psychische Erkrankung Grund der Antragstellung ist. Beide verlieren den Mut und sind offen für ein befristetes Anerkenntnis, welches die Beweislast nach dessen Ablauf umgekehrt. d.h.,
dass dann der Versicherte ohne Einkommen und Fachwissen auf eigene Kosten, meist per Gutachten, Berufsunfähigkeit nachweisen muss.
Eine junge Frau, gerade mal 23 Jahre alt, kam 2019 mit Beschwerden in die Notaufnahme. Die Ursache konnte nicht gefunden werden. Der Vorgang wiederholte sich zwei Wochen später. In der Zeit wechselte sie die Tätigkeit und erhielt sechs Wochen später die Diagnose Multiple Sklerose mit begleitendem Schmerzsyndrom. Der Job, noch in der Probezeit, wurde gekündigt.
Eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit wurde bereits vor Jahren vereinbart. Der Leistungsantrag wurde gestellt. Hier wurde der erste Fehler gemacht. Multiple Sklerose wurde als Grundlage der Leistungsminderung von > 50 % genannt – mehr nicht. Der Versicherer prüfte die Tätigkeit vor dem Jobwechsel, hielt sich nicht an § 172 VVG.
Ein leichtes für die Gutachter. Beide bestritten Berufsunfähigkeit durch das Fatigue Syndrom, denn die Versicherte klagte über schnelle Ermüdung. Viel wurde geschrieben, nicht gesagt. Die Einschätzung war richtig, bezog sie sich dochauf die Multiple Sklereose und dsas Fatigue – Syndrom. Wir reichten den zweiten Leistungsantrag ein, diesmal ausgerichtet auf die durch die Krankheit ausgelösten psychischen Probleme. Angst vor dem nächsten Schub, der unplanbar jeden Moment wiederkehren könnte, zerstörten das Selbstwertgefühl und begründeten Grübeleien und Rückzugstendenzen. Der Verlust kognitiver Fähigkeiten und der Konzentrationsfähigkeit folgten und führten in Summe zur schnellen Ermüdung, die sich vom Fatigue Syndrom unterscheidet. Keine Spur von medizinischer Kompetenz! Kalkül?
Wir hatten u.a. zwei Rehaberichte beigelegt. Bereits im zweiten Bericht wurde die Unfähigkeit der Ausübung in „irgendeiner Tätigkeit“ mit einer Dauer von bis zu drei Stunden dokumentiert. Das Jobcenter, Auslöser der zweiten Reha, lehnte die Vermittlung ab, da die Dame keine 15 Stunden pro Woche mehr tätig sein könnte. Keine drei Stunden mehr in irgendeiner Tätigkeit sind weniger Leistungsvermögen als 4,5 Stunden in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit. Eine transparente und nachvollziehbaren Argumentation, der sich der Versicherer verschloss. Ignoranz, was nicht ins Chema passt?
Der mit schönen Worten auf der Homepage werbend und kumpelhaft in Telefongesprächen auftretende Versicherer ignorierte den zweiten Leistungsantrag und sprach von Diskussionsbedarf. Auch reagierte er nicht auf die falsch geprüfte Tätigkeit. Die Grundlagen der Berufsunfähigkeit zitierte er in aller Deutlichkeit, auch wenn er sich daran selbst nicht daran hielt und betonte sein Wohlwollen.
Entsprechend seines Marketings in dem er die finanzielle Planbarkeit als Grundlage zum Abschluss einer Berufsunfähigkeit nannte, bot er nun mit der Begründung, den Leistungsfall nicht erkennen zu können, ein befristetes Anerkenntnis. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der Versicherer den behandelnden Arzt nicht einmal gefragt hat und die Aufforderung dazu ignoriert.
Wenn der Versicherer nicht auf unser Angebot eingeht, welches seine Marketing entspricht, gehts vor Gericht. Erste Einschätzung unserer Fachanwältin, die seit über 35 Jahren aufseiten der Versicherer tätig war und nun freiberuflich für Versicherte tätig ist, brachten bereits ein Lächeln. Unsere Erfahrung über Jahre zeigt, dass wir ein sehr geringes Prozesskostenrisiko haben. Interessanterweise erwähnte der Versicherer in seinem Anerkenntnis die Zusage von Leistungen bei Zuteilung der vollen Erwerbsminderungsrente. Gerne werden wir dieses vor Gericht verwenden, den Rehabericht vorlegen, zumal ein diesbezüglich Gutachtertermin vereinbart ist.
Staatliches Versagen.
Der Staat hat es versäumt, als er sich bereits vor Jahren, begründet durch die Angst des Kostenrisikos aus der Absicherung der Berufsunfähigkeit im sozialen Netz verabschiedete, zu informieren. Interessenten zeigen sich in der Beratung wiederholt erstaunt, wenn Sie feststellen, dass weder Beruf noch ein Einkommen Grundlage für die Absicherung sind. Es ist der Status, der durchaus durch einen gelebten Alltag, beispielsweise eines Schülers auf dem Gymnasium, versichert wird. Verliert der Schüler die Möglichkeit, das Gymnasium zu besuchen, kann bereits ein Leistungsfall vorliegen. Die Versicherung trägt einen falschen Namen.
Meldefristen bei Aufnahme einer Lehre, eines Studiums oder irgendeiner Tätigkeit gibt es nicht. Leider erlebe ich immer wieder, dass Vermittler, wenn ein Versicherter eine Änderung seiner Tätigkeit mitteilt, einem Neuabschluss empfehlen. Dass man im Leistungsfall, sprich bei Erhalt einer Rente auch weiterhin im alten oder einem anderen Beruf tätig sein kann, ist zudem unbekannt, dient aber einer wirklichen Versorgung.
Wurde trotz dieser ganzen Probleme dann doch eine Versicherung vereinbart, so hat der Antragsteller lediglich die Möglichkeiten, sich an Fachanwälte zuwenden. Bis zu 400 Euro Stundenlohn und mehr, möchten diese Herrschaften.
Ich selbst konnte Vergleichsangebote solcher Fachanwälte durch eigene Verhandlungen verdoppeln. In einigen Fällen erkannten die Anwälte nicht das fehlerhafte Angebot des befristeten Anerkenntnisses. Es fehlte der Hinweis auf die Umkehr der Beweislast. Das befristete Anerkenntnis wird dann zum Zeitpunkt seiner Gültigkeit zum Leistungsantrag für den Versicherer. In diesem Fall wurde entsprechend der Rechtsprechung belehrt aber, wie soll jemand ohne Einkommen die Auseinandersetzung mit dem Versicherer bezahlen? Uns Vermittlern wird, es sei denn, der Vertrag wurde von uns vermittelt, die Begleitung im Leistungsfall verboten. Wieso gibt es hier nicht, die Möglichkeit der Weiterbildung, auch dieses parallel zum Beruf des Maklers ausüben zu können? Das wäre Verbraucherschutz, wie er notwendig ist. Bis zu einer möglichen Änderung bleibt das befristete Anerkenntnis eine Möglichkeit aus dem Leistungsfall herauszukommen.
Entgegen der Behauptung des Versicherers, psychische Aspekte wären ausreichend gewürdigt gewesen, beauftragte ich eine Professor für Psychotherapie. Kopfschüttelnd betrachtete er die Behauptung und fertigt ein Gutachten an.Die Hartnäckigkeit zahlte sich aus. 240.00.- € wurden aussergerichtlich gezahlt. Damit halte ich meine Quote von 98 %.