Ein Gastbeitrag!
Mit Frau Dr. Lüdeking-Kupzok, die über 30 Jahre Berufserfahrung im Versicherungsrecht, besonders bei der Regulierung von Leistungsfällen in der Berufsunfähigkeitsversicherung nachweisen kann, machte ich bisher beste Erfahrungen.
Sie möchte auf möglicherweise „ungehobene Schätze“, die sie im Beschluss des BGH vom 23. Mai 2012 (IV ZR 224/10) begründet sieht, hinweisen.
Leitsatz:
„Der normale Sprachgebrauch geht nicht dahin, dass mit dem Ende der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auch alle daraus herzuleiten Ansprüche auf Rente und Beitragsbefreiung beendet sein sollen.“
Was bedeutet das in der Praxis?
Primär ging es in der BGH- Entscheidung um Fragen des rechtlichen Gehörs. (Quelle: VersR 2012, Seite 1190 ff.).
Der eigentlich juristische Sprengstoff steckt im oben zitierten Leitsatz, bestätigt er doch (im Anschluss an BGH VerwR. 2010, Seite 1025 ff.), dass bei abgekürzter Versicherungsdauer der BUZ, die zuvor anerkannten BU Leistungen weiterhin erbracht werden müssen, üblicherweise bis zum Ablauf der Hauptversicherung.
Hieran denkt in der Praxis kaum jemand.
Auch die Versicherer haben das nicht in Ihre Prämie einkalkuliert, zumal die Versicherungsnehmer mit der abgekürzten Versicherungsdauer der BUZ gerade Prämien einsparen wollten.
Voraussetzung ist laut BGH nur, dass die üblicherweise in der BBUZ angesprochene Leistungsdauer bei anerkannter BU (zum Beispiel „die Leistungspflicht endet, wenn der Versicherungsnehmer stirbt oder die vertraglich vereinbarte Leistungsdauer abläuft“) als solche nicht an anderer Stelle geregelt und auch in der Police nicht ausdrücklich definiert ist (zum Beispiel „Ablauf der Leistungsdauer bei anerkannter BU….“).
Meist wird in der Police nur der Ablauf der Versicherungsdauer (Ablauf der BUZ…) erwähnt und nicht ausdrücklich auch der Ablauf der Leistungsdauer.
Voraussetzung ist ferner, dass die Berufsunfähigkeit vor dem Ende der Versicherungsdauer eingetreten ist.
M.a.W.: In der BBUZ ist ergänzend zu lesen:
„.. die Versicherungsleistungen erbringen wir während der Dauer einer bedingungsmäßigen Berufsunfähigkeit, solange die versicherte Person lebt, längstens jedoch bis zum Ablauf der Leistungsdauer. Bei Versicherung mit gegenüber der Leistungsdauer abgekürzter Versicherungsdauer werden Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit vor Ende der Versicherungsdauer erbracht, dann jedoch bis zum Ablauf der Leistungsdauer, sofern die Anspruchsvoraussetzung weiterhin bestehen. Ansprüche, die durch Eintritt der BU vor Ablauf der Versicherungsdauer entstanden sind, können bis zum Ablauf der Leistungsdauer geltend gemacht werden…“
Wiederholt hat der BGH seine Rechtsauffassung in einer so genannten Nichtentscheidung zu den Aktenzeichen IV ZR 401/14 (vgl. Felsch r+s 2016, Seite 321ff.).
Bei abgekürzter Versicherungsdauer in der BUZ heißt es also stets „Achtung-aufgepasst“:
Ist die Leistungsdauer als solche in der Police nicht ausdrücklich aufgeführt und nicht zeitlich identisch zur Versicherungsdauer geregelt (z.B. „Ablauf der Berufsunfähigkeitsversicherung am… Ablauf der Leistungsdauer am…“) hält die Leistungspflicht über das Vertragsende der BUZ hinaus an, und der Versicherungsnehmer kann auch weiterhin seine Rente und Beitragsbefreiung beanspruchen bis zur Fälligkeit der Hauptversicherung (OLG Hamm VersR. 2004, Seite 1587 ff.) – ein erheblicher „Zuschlag“.
Ist sie zwischenzeitlich gefestigte Rechtsprechung auch die meisten Instanzgerichte (z.B. LG/OLG Stuttgart 16 O 518/12 und 7 U 148/13 vom 25.06.2013, OLG Köln 20 U 171/12 vom 22.02.2013).
Lehnt ein Versicherer nach anerkannter BU also Leistung über das Vertragsende der BU Versicherung hinaus ab, sollte stets fachkundig geprüft werden, ob nach den zuvor dargelegten Grundsätzen nicht doch ein Anspruch auf Weitergewährung der Leistung besteht.