Zur Vorgeschichte:

In meinem Blog-Artikel vom 19. März 2018 habe ich die gelebte Praxis der „Beratung“ einiger Marktteilnehmer am Markt kritisiert. Sie nutzten ihre Möglichkeiten/Kontakte über die Dienstherren/Rahmenverträge, um als erstes beim jungen Kunden sein zu können. Wenn ein junger Mensch, der noch keinerlei Erfahrung mit der Versicherungswirtschaft hat, unter Druck gesetzt wird, sich sofort entscheiden zu müssen, so fällt der in der Regel um und unterschreibt. Alle Berichte zu diesen Vorgängen haben unisono den Hinweis in sich getragen, dass die Entscheidung immer sofort erfolgen musste. Die Frist bei Statuswechsel/Verbeamtung wurde niemals geäußert. Wer die Unterschrift von den dort Vorstelligen dann schlussendlich bekommt, liegt lediglich an der Rhetorik und Schnelligkeit des Vermittlers. Preise werden verhandelt, Inhalte werden nur unzulänglich mitgeteilt.

Nehmen wir den beworbenen Leistungsfall.

Der Verlust des Schießfingers würde einem jungen Beamten die Möglichkeit nehmen, seinen Dienst an der Waffe weiter ausführen zu können. Richtig! Der Dienstherr wird ihn daher entweder umschulen oder in eine andere Tätigkeit versetzen (die ihm noch möglich ist). Meist vergeht bis dahin nur eine kurze Zeit. Da die Dienstunfähigkeitsabsicherung sich nicht auf den sozialen Status und das Einkommen begründet, entfällt sofort bei Antritt der neuen Tätigkeit auch die Leistung.

palm-1701983_1920-150x150 Relevanz der Dienstunfähigkeitsklausel in der BerufsunfähigkeitsversicherungSind die Bestimmung der Berufsunfähigkeit des Vertrages entsprechend gut, so bleibt der Leistungsfall im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten. Trotz der Ausübung einer anderen Tätigkeit, bleibt der Versicherungsfall so lange erhalten, bis die neue Tätigkeit entweder eine gleiche oder höhere soziale Stellung begründet und auch das Einkommen sich bis auf 20 % zum alten Einkommen angenähert hat.

Bleiben wir bei diesem Fall.

Der Verlust des Schießfingers löst Dienstunfähigkeit aus. Auch löst er meines Erachtens mit sofortiger Wirkung die Leistung der Berufsunfähigkeit aus. Bei diesem Beispiel entfallen die Leistungsprüfungen/Begutachtungen, denn ein Finger ist nun mal da oder nicht. In diesem besonderen Fall sehe ich keinen Vorteil einer solchen Klausel und frage mich, warum damit geworben wird. Bei depressiven Krankheitsbildern wird voraussichtlich die Dienstunfähigkeit früher greifen. Der Leistungsfall muss erst auf Basis von Gutachten und Befunden überprüft werden. Bei ähnlichen Krankheitsbildern mit einer Nachweisproblematik, sehe ich in der Dienstunfähigkeit dann den eigentlichen Vorteil. Nun ist zu bedenken, dass die Bestimmung einer Dienstunfähigkeitsversicherung nicht entsprechend der Vertragslaufzeit gültig sind. In der Regel beendet der Versicherer die Gültigkeit der Klausel nach fünf Jahren. Das Problem, danach: die Bestimmungen der Berufsunfähigkeit sind gültig und es wird erneut geprüft – ergebnisoffen.

Ich möchte jetzt nicht das befristete Anerkenntnis ansprechen, es aber mal ganz abstrakt mit der Dienstunfähigkeitsklausel vergleichen. Die Zahlung über diesen Leistungsparameter ist befristet. Danach kommt die eigentliche Prüfung der Berufsunfähigkeit auf Basis der dann gültigen Bestimmungen des Vertrages. Wer bereits fünf Jahre lang Rente bekommen hat, dem könnte es durchaus besser gehen, so dass die Berufsunfähigkeit nicht mehr greift. Ist er weiterhin erkrankt, so muss er sich nun dem „Gutachterkrieg“ aussetzen. Es ist also von besonderer Wichtigkeit, dass Formulierung der Dienstunfähigkeitsversicherung und auch die der Berufsunfähigkeitsversicherung sorgfältig und möglichst klar formuliert gewählt werden. Setze ich diese Qualitätsbenchmark an, so bleibt kaum noch ein Versicherer am Markt übrig.

Wo also liegt der Vorteil einer solchen Werbung?

Der einzige wahrscheinliche Vorteil einer solchen für mein Empfinden fragwürdigen Werbung ohne entsprechende Aufklärung, denn diese konnte ich bisher nicht finden, liegt lediglich im Umsatz des Anbieters. Die Bayerische konnte mir bestätigen, dass auch sie bisher kein Leistungsfall hatte, der auf der Dienstunfähigkeitsklausel begründet ist (und bleibt) aber nicht auch auf der Berufsunfähigkeitsklausel. Ein theoretischer Fall ist mir bisher auch nicht zugetragen worden. Das war meine Aufforderung in den Schreiben an die Anbieter. Wer eine Absicherung der Dienstunfähigkeit im Vertrag der Berufsunfähigkeitsversicherung sucht, der sollte damit beginnen, die Formulierung der Berufsunfähigkeitsversicherung bei den entsprechenden Anbietern zu prüfen.

Die Bayerische gehört für mein Empfinden zu den Versicherern, die beide Klauseln in hoher Qualität in einem Vertrag anbieten. Leider, so meine Meinung, hat der Versicherer an anderen entscheidenden Stellen großen Nachholbedarf.figure-2527300_1920-150x150 Relevanz der Dienstunfähigkeitsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Jeder Vermittler muss nun selbst entscheiden, ob er der Werbung folgt und sich auf rhetorische Beratungsinhalte beschränkt. Verantwortungsvolle Vermittler, so wie ich sie jetzt nennen möchte, werden über den Wert der Absicherung vermitteln und Werbung Werbung sein lassen.

Ausschließlichkeit!

Meiner Meinung nach sollten Ausschließlichkeitsorganisation endgültig aufgelöst werden. Sie nutzten lediglich dem, der sie beschäftigt. Sie nutzen nicht dem Kunden, da nur eine begrenzte Zahl von Produkten am Markt vermittelt werden kann. Viele der dort tätigen Vermittler “ vergessen“ den Kunden über die beschränkte Angebotsauswahl zu informieren. Produkte werden meist rhetorisch „passend“ gemacht. Hatte ich doch letztens ein Angebot an eine selbstständige Zahnärztin, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung suchte. Der Vermittler bot die Allianz an. Besondere Werbung lag in seinem Angebot auf der Arbeitsunfähigkeitsklausel.

Hätte der Vermittler den Vergleichsrechner mal ausgeschaltet und sich mal in die Vertragsbestimmung begeben, so hätte er festgestellt, dass diese Dame niemals Leistung aus dieser Klausel erhalten kann. Warum? Sie ist selbstständig! Bei der Allianz erhält man nur AU-Geld als Angestellter! Wer lesen kann ist klar im Vorteil – wer denken kann, kommt noch weiter. Die Vergleichsrechnerkompetenzen werden bald ausgestorben sein. Sie haben keinerlei Alleinstellungsmerkmale oder tiefergehende Kenntnisse, da sie sich nicht spezialisieren oder weiterbilden. Das Geschäftsmodell wird in die Knie gehen, weil es auf Dauer niemanden außer dem Hersteller einen Nutzen bringt.

Ich erinnere wiederholt an den Artikel Sapere aude.

Frank Dietrich Fachmakler

Werbung versichert nicht!

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